Krieg in der Ukraine

https://twitter.com/fcdogovuk/status/1494723791393632260?s=21

Fällt das jetzt schon unter Kriegspropaganda was das UK Government hier veröffentlicht hat?

Ganz mulmiges Gefühl für die nächsten Tage.

Über all die Jahre halten sich zwei Mythen über die Verhandlungen.

  1. Der Westen hat die Russen beschissen, weil man ihnen versichert hat, keine Ostblockstaaten aufzunehmen, das wurde aber nie schriftlich festgehalten.
    Die Behauptung gibt es erst seit so Mitte der Neunziger, damals befeuert von einem britischen Autor, der immer darauf gepocht hat, dass seine Sicht bestätigt werden wird, wenn die Protokolle der Verhandlungen freigegeben werden. Als sie zugänglich wurden, fand sich darin nichts zu so einem Versprechen. Horst Teltschik, einer der Unterhändler Kohls hat sich im Nachhinein immer unheimlich einen drauf abgegiffelt, dass man Gorbatschow dieses Versprechen gegeben hätte und der Depp es nicht offiziell haben wollte. Vieles wurde damals ins Spiel gebracht, auch der US Außenminister hat belegbare Äußerungen getätigt, dass man sich nicht ostwärts ausdehnen will. Wie diese Aussage aber im Kontext der Wiedervereinigung Deutschlands zu verstehen ist, bleibt offen. Meinte er, dass die NATO an der Oder Neiße Linie Halt macht, oder dass man die DDR nicht als Bedrohung nach Osten umbauen will, quasi als vorgelagerte Raketenabschussanlage.
    Fakt ist, dass man festgeschrieben hat, dass auf dem DDR Gebiet keine Nuklearwaffen stationiert werden sollen und man mit dem Einzug eigener und westlich verbündeter Truppen wartet, bis der letzte russische Soldat das Land verlassen hat. Beides wurde eingehalten.
    Weiterhin hat Russland allen NATO Beitritten ihrer ehemaligen Vasallen und der Staaten des Baltikums offiziell zugestimmt. Gorbatschow hat sogar einen NATO Beitritt des UdSSR erwogen, um eine einheitliche Sicherheitsarchitektur zu schaffen und in dieser ein gewichtiges Wort mitreden zu können. Er selbst hat übrigens nie davon gesprochen, dass der Westen zusagen zur NATO Erweiterung gemacht hätte, hat immer betont, dass die Sicherheit Europas in den Händen der NATO liegt. Die Russen hatten damals andere Probleme, als über ein hypothetisches Auseinanderbrechen des Warschauer Paktes und dessen Folgen nachzudenken.
    Das Thema wurde erst jetzt unter Putin wieder heiß, der diese mögliche mündliche Zusicherung als Rechtfertigung sieht, warum Russland eine Art Vorrecht auf Osteuropa hätte und damit einen legitimen Grund für das, was er in Georgien 2008, Kasachstan, Weißrussland, oder der Ukraine jetzt abzieht.

  2. Die Russen haben den Westen beschissen, weil man viel zu viel Geld verlangt und bekommen hat, damit die sowjetischen Streitkräfte die DDR verlassen und man dem Beitritt zur BRD zustimmt.
    Nach der Revolution in Polen war klar, dass die sowjetische Sicherheitsarchitektur bröckelt. Wofür brauche ich die DDR als Schutzschild gegen Landstreitkräfte aus dem Westen, wenn Polen im engeren Kreis nicht mehr an Bord ist und westliche Truppen auch dort stationiert werden könnten? Wie sinnvoll ist in Zeiten von Nuklearbombern, Unterseebooten und Star Wars Ideen eine Barriere gegen einen Landkrieg überhaupt noch? Dazu war Russland wirtschaftlich komplett am Ende und auf die Milliarden aus Bonn dringend angewiesen. Die DDR wurde schon mit Krediten und Bürgschaften, die ausgerechnet von FJ Strauß vermittelt wurden, künstlich am Leben gehalten, jetzt wollte die UdSSR noch ihr Leben mit Geld aus dem goldenen Westen verlängern. Man hat sich dann auf hohe Summen als Wirtschaftshilfe geeinigt, die als Finanzierung des Truppenabzugs deklariert wurden. Die russische Seite hat dabei auch häufig betont, wie man aus einer unmöglich schlechten Verhandlungsposition dem Westen hier 15 Milliarden Mark Cash und Bürgschaften weit über 50 Milliarden Mark abgeluchst hat.
    Geholfen hat es bekanntlich wenig.

In den letzten Tagen fällt ein deutlich schärferer Ton aus den USA und auch aus Großbritannien auf. Dort weiß man natürlich auch, was ein Einmarsch die russische Seite kosten würde. Wenn man sich anschaut, wie man Schlüsselindustrien wie die Rüstung gezielt mit moderaten Sanktionen geschwächt hat und Russland generell seit acht Jahren auf keinen grünen Zweig mehr kommt, kann man sich vorstellen, dass man das Land mit einem Boykott von Rohstoffkäufen auf Jahrzehnte lähmen könnte. Selbst zu Sowjetzeiten hat Westeuropa billiges Gas dort eingekauft und es war ein sicherer Zufluss von harter Währung. Sollten diese nun durch einen Einmarsch in der Ukraine wegfallen, könnte Russland seine Rohstoffe nur noch nach China verkaufen. Dafür müsste aber zunächst teure Infrastruktur geschaffen werden und beim Abnahmepreis weiß Peking auch, dass Putin verkaufen muss.
Als Kirsche auf der Sahne können die USA dann Europa ihr eigenes Flüssiggas verkaufen, weil aus den russischen Pipelines nichts mehr fließt, man aber ungern erfriert.
Vor diesem Hintergrund macht man jetzt wohl ein wenig mehr Druck, dass Putin am Ende doch einmarschiert. Die Ukraine opfern und dafür Russland kaltstellen, dazu noch eigene Interessen massiv pushen. Win Win für Washington.
Der harte Satz zum Ende. Man muss hoffen, dass Putin in dieser Sache so rational bleibt, wie er es bisher war.

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Ein Thread:

https://twitter.com/m_suchkov/status/1495831112102338563?s=20&t=ZlWwSW-fv3ryrrICUHivEQ

Kleine Geschichtsstunde von Putin. Könnte dann in der Tat darauf hinauslaufen, dass Russland die beiden Volksrepubliken anerkennt und die beiden Gebiete militärisch „unterstützt“.

E:

HalLO und herzlich willkommen zu Geschichte: ungenügend…

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Nach dieser surrealen Rede heute: Sollten wir uns vielleicht weniger auf den „Strategen“ Putin konzentrieren, der kühl kalkuliert und vorhersehbar handelt, und mehr auf den Autokraten Putin, der mit dem Rücken zur Wand steht da der innenpolitische Druck im maroden Russland groß ist und er deshalb diese außenpolitische Aggression als notwendiges Mittel sieht, um sich im Amt zu halten? Nach der eigenmächtigen Unabhängigkeitserklärung von Teilen der Ostukraine könnte das „Fakten schaffen“ ja kurz bevor stehen, was sind denn die harten Sanktionen, die jetzt sofort folgen müssen, damit dies noch verhindert werden kann?

Und viel wichtiger: Wann erklärt uns Sahra Wagenknecht bei Anne Will, warum Putin nur missverstanden wird und die NATO der eigentliche Aggressor ist?

https://twitter.com/MrOlmos/status/1495674179215306752

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Es geht dann wohl jetzt los. So ein unnötiger Krieg der da vom Zaun gebrochen wird.

https://twitter.com/yarotrof/status/1495873686129283075?s=21

Bin einfach sprachlos. Zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich Kriegsgefahr für Europa. Wer weiß, was in den kommenden Monaten passieren wird.

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Du bist nach 1999 geboren?

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Als Kind bekommt man solche Sachen doch nur begrenzt mit und spürt dementsprechend eher keine „Kriegsgefahr“.

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Zudem hat man das Gefühl, dass sich dort nicht irgendwelche lokalen Machtkämpfe entwickeln.

Es ergibt sich schon mit Russland, USA und der restlichen NATO eine andere Größenordnung.

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Nein, ich habe natürlich auch die Kriege im Balkan im Kopf, aber das waren sehr regionale Konflikte. Jetzt geht es direkt um Russland. Putin spricht der Ukraine ganz offen das Existenzrecht ab, da ist es nur eine Frage der Zeit, wann er nach Kiew möchte. Dann heißt es Europa und die USA gegen Russland, das gab es nun wirklich lange nicht mehr.

Die Ukraine ist seit 8 Jahren ein „regionaler Konflikt“. Das hat Deutschland, die EU, die Nato und die UN unmissverständlich durch die Härte ihrer Reaktion seit 2014 „kommuniziert“.

1999 nannte ich übrigens explizit. Meinte damit nicht irgendeinen unwichtigen, regionalen Konflikt oder Bürgerkrieg, sondern die Nato-Bombenangriffe, die ohne UN-Mandat passierten. Die Eurofighter sind u.a.hier in Memmingen losgedüst. Die Bomben schlugen 860 Kilometer Luftlinie von München ein.

Das ist lustig, denn genau das passiert seit Jahren. Ich finde die Parallelen erstaunlich.

Ist übrigens kein Rush’scher Versuch von Whataboutism, nur die Feststellung. Geschichte wiederholt sich, nur wird hier ne Formel angewendet, zu Lasten einer ganzen Region. Solche Konflikte werfen dich nicht nur wirtschaftlich um Jahrzehnte zurück, sondern auch gesellschaftlich und kulturell, wie ich in meiner Heimat feststellen muss. Mal schauen, was für Sanktionen und Hilfsprogramme kommen, die alles besser machen. Once again.

*edit: Absatz 1 zur Verdeutlichung umformuliert. Indirekte Kommunikation des eigenen Standings durch Untätigkeit quasi.

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Das stimmt. Wir sollen die Kriegsgefahr mitbekommen. Daran arbeiten gerade alle geschlossen.

Die Parallelen zu den Jugoslawienkriegen sind tatsächlich verheerend. Und zwischen Milosevic und Putin. Es wird, wie immer, nur Verlierer geben.

Oder der NATO und der NATO.

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Was meinst du?

Habe ich das richtig verstanden, dass Putin einfach gesagt hat „Ja also Luhansk und Donetsk sind jetzt nicht mehr Ukraine sondern eigene Länder und wir müssen sie vor der Ukraine beschützen also rein mit den Truppen“?

So in der Art. Also 1:1 die Einstellung der russischen Separatisten zitiert, die das seit Jahren so propagieren. Bislang hat sich Putin zumindest offiziell noch deutlicher von den Separatisten distanziert.

Die Art der Kriegstreiberei des Westens.

Irgendwer weiter oben hat da schon mal was angedeutet, aber da muss ich mich auch malk hinsetzen und die Pöbelphrase begünden.