Krieg in der Ukraine

Hat jemand eigentlich persönliche Verbindungen in die Ukraine hier? Oder sonst ein Gefühl für die Lage vor Ort? Die Pandemie ist ja eigentlich eine Lehrbuchvariable in der Rechnung, die historisch zu Kriegen geführt hat. Ich finde die allgemeine Kriegsgefahr gerade ziemlich bedrohlich und dort im Speziellen scheint es ja fast unausweichlich.

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ich erwische mich dabei, dass das irgendwie so ein völliges „da passiert nix schlimmes“ Thema ist. ob das „schlechte-nachrichten-müdigkeit“ ist, oder ich einfach nicht mehr die kraft habe, mir Schreckensszenarien auszumalen oder ob das einfach ein „nene, sowas passiert heutzutage nicht mehr“ gefühl ist, also Ungläubigkeit, bis es soweit ist.
Dabei habe ich schon seit 2 jahren das gefühl: „Hm…vor ziemlich genau 100 Jahren waren einige dinge irgendwie ähnlich“…achja, der Börsencrash steht ja auch anscheinend bevor…

Nein, mir wurde gestern allerdings folgender Retweet von Marina Weisband in die Timeline gespült, der das für mich ein bisschen aufgedröselt hat:

https://twitter.com/ghensel/status/1482995777374986244?s=20

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Ich fänds interessant wie ein ungefälschter Bürgerentscheid „Krieg gegen die Ukraine“ ausfallen würde.

Gerne mit Formulierungen aus deutschen Bäderabrissentscheiden.

„Ja, ich bin nicht gegen keine defensiv-militärischen Offensivaktionen für die Beibehaltung der Auslöschungsentscheidung bezüglich der Aufrechterhaltung des Betriebs „Orangene Badeanstalt Krimhausenerstraße““

Dritter Weltkrieg, made by Helmut Kohl.

Wenn ich mir mein Depot in den letzten drei Wochen so anschaue, scheint der schon da zu sein :usad:

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das ist das Einzige, das mir im moment ruhe gibt: Dass es anscheinend überall so ist und ich nicht nur einfach ausschließlich scheiß titel im depot habe :smiley:

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Danke für die Empfehlung, der dort aufgeführte Link zu möglichen Strategien Russlands und Reaktionsmöglichkeit der NATO zeigt die Brisanz und Verzwicktheit: https://www.csis.org/analysis/russias-possible-invasion-ukraine

So in der Theorie ist so ein Krieg vermutlich auch immer spannend, weil er inzwischen auch auf so vielen mehr Ebenen stattfindet, wenn seit Jahren schon prorussiche Rebellen Stimmung im Land machen, digitale Kriegsführung dazu. Dazu dann die klassischen kriegsstrategischen Überlegungen. Allerdings muss man beim Artikel schon bedenken, dass da amerikanisches Militärgedankengut herausspricht, sodass die Überlegungen zur Ausgangslage und den diplomatischen Möglichkeiten und Versäumnissen nicht stattfindet, in dem Artikel geht’s rein um die Invasionsszenarien und mögliche ökonomische, politische und militiärische Gegenschläge dafür. Dass nichts passiert scheint ob der bereits hochgepokerten Situation wohl wenig wahrscheinlich.

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Pfff, und was ist mit unseren 5000 Helmen und der Grußkarte „Viel Erfolg!“ mit 50€ drin?!! Undankbares Pack!

https://twitter.com/ianbremmer/status/1488537625497673732?s=21

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In der Grußkarte war ein bisschen mehr als 50 Euro.

Sie wies auf ein umfangreiches Engagement Deutschlands für die Ukraine hin. So würden allein in der Entwicklungszusammenarbeit Hilfen im Umfang von 1,8 Milliarden Euro geleistet.

So die Verteidigungsministerin

Diese Entwicklungshilfe hat aber nichts mit der aktuellen Situation an der Grenze zu tun, sondern ist der langfristige Entwicklungsplan für die Ukraine? In dieser Situation hat die Ukraine ja aber explizit um militärische Hilfe gebeten. Oder will man Putin mit ner Paypal-Überweisung zurückdrängen?

Ja, aber die militärische Hilfe wird es nicht geben. Deutschland wird in dieser Sache nichts beisteuern, was irgendwie als Offensive gebraucht werden kann. 1,8 Milliarden sind aber auch nicht 50 Euro in einer Glückwunschkarte und man unterstützt das Land, ohne damit direkt weiter Öl ins Feuer zu gießen. Das Geld nimmt hier nur den Umweg über die Deklarierung als Wirtschaftshilfe.

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Was heißt denn „weiter Öl ins Feier gießen“? Angenommen, andere Nationen verhalten sich ähnlich wie Deutschland, wie soll dann eine weitere Aggression vermieden werden? Wie sollen „Wirtschaftshilfen“ sinnvoll genutzt werden, wenn das Land militärisch komplett destabilisiert wird?

Mehr Waffen auf ukrainischer, oder russischer, Seite sind in meinen Augen kontraproduktiv, um eine Eskalation zu verhindern.
Die Ukraine wird durch das Ausbleiben von Militärhilfe nicht militärisch destabilisiert, sondern einfach nicht weiter hochgerüstet.

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Nein, aber nochmal, es gibt hier ein deutliches Ungleichgewicht, dieses „weder Ukraine, noch Rußland“-Spiel zieht hier für mich nicht, da es nur EINE militärisch hochgerüstete Armee gibt, EINEN Aggressor, nur EINEN Provokateur, der über 100.000 Soldaten an der Grenze stationiert hat. Mit „militärischer Destabilisierung“ meine ich, dass sich die Ukraine derzeit überhaupt nicht ohne fremde Unterstützung angemessen verteidigen und im Falle eines Erstschlages Russlands reagieren könnte. Wirtschaftliche Hilfen nützen gar nichts, wenn auf ukrainischem Boden ein Verteidigungskrieg stattfindet, auch der wirtschaftl. Schaden wird sich dann potenzieren. Ich verstehe immer noch nicht, wie in dieser Situation Entwicklungshilfen nützen sollen.

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Natürlich ist Russland der einzige Aggressor und Provokateur.
Man kann die ukrainische Armee nicht durch mehr oder bessere Waffen kurzfristig in einen Zustand bringen, dass sie einen russischen Einmarsch abwehren könnte. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie die Ukraine im Fall eines Angriffs Russlands nicht überrannt wird und das ist das direkte Eingreifen amerikanischer Truppen. Das wird sicher nicht passieren.

Unabhängig davon spricht in meinen Augen deutlich mehr gegen eine Eskalation der Situation als dafür.
Putin ist ein eiskalter Taktiker. Er weiß, was er kann und noch mehr, was nicht.
Natürlich kann Russland die ukrainische Armee in kurzer Zeit überrennen und das Land einnehmen. Aber was dann?
Die Ukraine hat 44 Millionen Einwohner, Russland 145. Es wird riesige Verluste mit sich bringen, ein Land besetzt zu halten, das ein Viertel der eigenen Bevölkerung hält und sich gegen die Besatzung wehren wird.
Von den Kosten ganz zu schweigen und Russland ist bei weitem keine Wirtschaftsmacht. Das Rückgrat der Wirtschaft ist der Rohstoffverkauf, was das Land auch sehr anfällig macht.
Außerdem würde ein Einmarsch den Westen und die NATO, die gerade noch uneins über ein Vorgehen sind, einen und geschlossen gegen Russland stellen.

Putin hat im Zusammenhang mit dem Aufmarsch seiner Truppen an der Grenze Forderungen gestellt, die absolut unerfüllbar sind. Keine weitere NATO Erweiterung, Abzug aller NATO Truppen vom Gebiet des ehemaligen Warschauer Pakts, Garantie der USA, ihren NATO Partnern in Osteuropa nicht mit Nuklearwaffen beizustehen. Dass der Westen kein Stück darauf zugehen kann, weiß auch Russland.

Was will er nun aber erreichen?
Für Putin zieht sich durch die Geschichte ein Faden, dass der Westen Russland schaden will und der Zusammenbruch der UdSSR ist für ihn die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Russland und das ehemalige Juwel der Sowjetunion, die Ukraine, gehören für ihn zusammen. Wirtschaftlich, militärisch, kulturell, geschichtlich. Wenn sich das Land nun nach Westen orientiert, ist das ein schwerer Schlag für Russland, wirtschaftspolitisch wie sicherheitstechnisch.
Die Krim ist stark mit wieder zugezogenen Russen bewohnt und so war es hier leicht, einen legitimen Übergang zumindest erscheinen zu lassen. Ohne Gewalt mit einem Referendum, dahingestellt, wie illegal und vielleicht manipuliert das war.
In der Ostukraine, stark industrialisiert, existiert auch ein großer russischer Bevölkerungsanteil. Es ist also auch kein Wunder, dass er hier diese „Separatistenaufstände“ inszenieren konnte.
Viel weiter reicht aber der russisch dominierte Teil des Landes nicht mehr. Alles weitere ist „ukrainische Ukraine“.

Seine Ziele sind nun zum einen, eine Drohkulisse aufzubauen, die eine Aufnahme der Ukraine in westliche Bündnisse unmöglich macht. Die NATO wird nie im Leben ein Land aufnehmen, dessen Ausrufung des Bündnisfalls wie eine Frage von Stunden scheint.
Zum anderen geht es ihm um das Minsk 2 Abkommen.
Das unter Vermittlung von Deutschland und Frankreich entstandene Papier sieht unter anderem Wahlen in den besetzten Gebieten im Osten vor und dass die Ukraine dort wieder die Souveränität erhält.
Strittig, und das ist der Punkt, an dem es nicht mehr weiter geht, ist die Frage der Reihenfolge. Putin will erst Wahlen, um seine prorussischen Marionetten vor Ort demokratisch zu legitimieren, die Ukraine will zuerst die Souveränität wieder erlangen. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Hier kann er nun Druck ausüben und die Lösung wird etwas sein, was alle irgendwie als gesichtwahrend verkaufen werden müssen. Nämlich dass man hier seiner Linie folgt. Der Westen wird sagen können, dass man keine neuen Deals gemacht hat und das bereits bestehende Abkommen nun umgesetzt wird, Lage entspannt.
Putin hat dann die Uneinigkeit und Schwäche des Westens offen gezeigt, bekommt die faktische Kontrolle über die Ostukraine ohne diese aus dem Land herauszulösen und hat als Bonus noch eigene Marionettenabgeordnete im ukrainischen Parlament sitzen, die dann direkt die Politik der Ukraine mitbestimmen und eine Annäherung an den Westen verhindern können.

Und vor diesem Hintergrund, dass es vielleicht eher keinen Krieg gibt, helfen der Ukraine auch 1,8 Milliarden in Cash, die dem Land alleine schon dadurch fehlen, dass es von Russland keine Gebühren mehr für die Durchleitung des russischen Gases in den Westen bekommt. Unter anderem weil Deutschland Nord Stream 2 mitzuverantworten hat und es jetzt als Druckmittel gegen Russland einsetzt.

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Aus russischer Perspektive ist der Westen der Aggressor, der sein Einflussgebiet entgegen klarer Abmachungen nach Osten erweitert habe. Knackpunkt bzw. der Aufhänger sind die Verhandlungen aus dem Februar 1990, intensiv beforscht von Historikerin Mary Sarrotte. Hier gibt es einen kurzen ins deutsche übersetzte Aufsatz von ihr:

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aber es wird doch niemals möglich sein, die Ukraine so mit Waffen zu beliefern, dass das Ungleichgewicht auch nur annähernd ausgeglichen wird und die militärische Schlagkraft der Uraine Putin von einem Einmarsch abhalten könnte, weil er evtl angst haben könnte, militärisch zu verlieren.
Das ist doch, als würde der FC Bayern gegen unseren Dorfklub antreten und wir würden versuchen, Ronaldo für das Spiel zu bekommen…(okay, wenn es um deutsche Waffen geht, dann wäre eine Allegorie auf irgendeinen FCA-Bankspieler vielleicht passender)…selbst mit dem Spieler verlierst Du haushoch als Kreisligist.

Respekt für die Analyse, Martyr! Ich verstehe zwar nicht, was da abgeht und welche Szenarien wirklich realistisch auf dem Tisch liegen, aber dein Text ist sehr gut geschrieben und interessant!

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Um einen Ausgleich ging es ja auch gar nicht, sondern darum, die Mindestvoraussetzungen zu schaffen, um nicht im Vorfeld schon die weiße Fahnen schwenken zu müssen. Aber lassen wir das, Martyr hat es gut beschrieben, hoffentlich wird es so kommen und Putin will keine Fakten schaffen, die dann erst wieder schwer diplomatisch revidiert werden können.

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