Die Tour beginnt am Samstag in Spanien und die Teams haben ihre vollständigen Aufgebote bekannt gegeben.
Es wird als Zeit, mal einen genaueren Blick auf die diesjährigen Favoriten für das Gesamtklassement zu werfen. Ich hatte hier eigentlich noch weitere Kategorien geplant, aber das wird sich zeitlich wahrscheinlich nicht ausgehen.
Top-Favoriten
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Jonas Vingegaard |
26 |
Jumbo-Visma |
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Tadej Pogačar |
24 |
UAE Team Emirates |
Wird es wie die letzten beiden Jahre wieder ein Zweikampf zwischen Vingegaard und Pogačar? Stand jetzt ist zumindest davon auszugehen.
Beide Fahrer haben bisher eine erfolgreiche Saison absolviert. Während Vingegaard sowohl die Baskenland- als auch die Dauphiné-Rundfahrt (Vorbereitungs-Rundfahrt für die Tour) gewinnen konnte, entschied Pogačar die Andalusien-Rundfahrt, Paris-Nizza und die beiden Klassiker Amstel Gold Race und den Wallonischen Pfeil für sich.
Doch dann im April der Schock für Pogačar: Sturz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, Handbruch, 4-6 Wochen Pause. Mittlerweile scheint zwar wieder alles verheilt und am Wochenende hat er sich mit Leichtigkeit die slowenischen Meistertitel auf der Straße und im Zeitfahren geholt, aber wie reagiert die Hand bei einer Drei-Wochen-Rundfahrt mit entsprechender Belastung? Wahrscheinlich wird da nicht viel passieren, aber dennoch bleibt für mich ein kleines Restfragezeichen.
Beide Fahrer haben ein starkes Team an ihrer Seite, wobei ich hier leichte Vorteile für Pogačar sehe.
Wenn wir Glück haben, wird es vielleicht wirklich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, und wer weiß, möglicherweise kommt sogar noch jemand, der die beiden gehörig ärgern kann.
Erweiterter Favoriten-Kreis
Hier werde ich einige Kandidaten nennen, die realistische Chancen auf einen Podestplatz haben (und damit wahrscheinlich Platz 3) und je nach Verlauf der Tour vielleicht auf mehr hoffen dürfen.

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Jai Hindley |
27 |
BORA - hansgrohe |
Vorjahres-Sieger des Giro d’Italia (welchen er zudem auch schon als Zweiter beendete), eine Rundfahrt, die man auch nicht gerade nebenbei gewinnt. Potential ist also durchaus vorhanden.
Die Ergebnisse sind dieses Jahr noch nicht sonderlich berauschend, allerdings hat er die Dauphiné-Rundfahrt auf einem sehr guten vierten Platz beendet, der Formpfeil zeigt also in die richtige Richtung. Da er jetzt auch nicht der beste Zeitfahrer ist, kommt ihm diese Tour mit dem kurzen (Berg-)Zeitfahren eher gelegen als vielleicht in anderen Jahren.
Es wird seine erste Tour. Vielleicht sogar eine Goldene?

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Ben O’Connor |
27 |
AG2R Citroën Team |
Nach Hindley der zweite Australier, den man durchaus im Spitzenfeld erwarten darf.
2021 hat er als Gesamt-Vierter bereits einmal am Podium schnuppern dürfen. Warum sollte es dieses Jahr nicht für mehr reichen? Die Form scheint zu stimmen (Dritter bei der Dauphiné) und ein Team, was komplett um ihn herum aufgebaut ist. Dazu zählt bei ihm ähnlich wie bei Hindley das Zeitfahren nicht zu seiner stärksten Disziplin.

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David Gaudu |
26 |
Groupama - FDJ |
Ganze 36 Mal wurde die Tour von einem französischen Fahrer gewonnen, das letzte Mal allerdings 1985 von Bernard Hinault. Seit Jahren lechzen die Franzosen nach einem Landsmann, der den „Fluch“ endlich bricht. Wird es dieses Jahr etwas?
Die besten Chancen hat dafür sicher Gaudu. Der junge Franzose wird bereits seine sechste Tour bestreiten, im letzten Jahr sprang dabei als beste Platzierung Rang 4 heraus. Im Frühjahr mit starken Ergebnissen bei Paris-Nizza (Platz 2) und der Baskenland-Rundfahrt (Platz 4), allerdings sprang bei der Dauphiné-Rundfahrt nur ein enttäuschender 30. Platz heraus. Nanu?
Trotzdem bleibt Gaudu die größte Hoffnung der Franzosen, den Traum der Grande Nation zu erfüllen.

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Enric Mas |
28 |
Movistar Team |
Was der Spanier bei der Vuelta bereits dreimal geschafft hat (Platz 2), ist ihm bei der Tour bisher verwehrt geblieben. Dieses Jahr also ein neuer Angriff aufs Podium.
Das Jahr lief bisher aber eher durchwachsen. Zwar gute Ergebnisse, aber keine absolute Spitzenplatzierung. Bei der Dauphiné-Rundfahrt reichte es gar nur zu Rang 17. Reicht die Form also, um wirklich ganz vorn anzugreifen? Sein Team scheint gut zu sein, aber wer kann ihm am letzten Anstieg wirklich noch helfen?
Blickfeld
Fahrer, für die ein Podestplatz nur im Idealfall möglich ist, allerdings durchaus einen Platz in den Top 10 anstreben können.

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Richard Carapaz |
30 |
EF Education-EasyPost |
Carapaz ist für mich eine Wundertüte. Der Olympiasieger von 2021 ist der einzige Fahrer in meiner Auflistung, der zum Anfang des Jahres das Team gewechselt hat (INEOS Grenadiers → EF Education-EasyPost).
Seine Rundfahrt-Qualitäten sind unbestritten, so stand er doch bereits bei jeder der drei großen Rundfahrten auf dem Podium, 2019 reichte es sogar zum Gesamtsieg des Giro.
Dieses Jahr sieht allerdings weniger rosig aus. Bis auf einen Sieg beim Eintagesrennen Alpes-Maritimes Ende Mai sticht dort nichts wirklich positiv ins Auge.
Für mich kann da zwischen Platz 3 und 30 alles passieren.

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Romain Bardet |
32 |
Team DSM |
Bardet hat immer noch meinen Respekt dafür, als er sich 2021 dazu entschied, aus dem gemachten französischen Nest von AG2R zum damals noch deutschen Team DSM zu wechseln, um seiner Karriere neuen Schwung zu verleihen. Nicht viele Fahrer hätten diesen Schritt gewagt.
Zugegeben, auch bei DSM konnte er nicht mehr an seine Erfolge aus Anfangszeiten anknüpfen, aber zumindest letztes Jahr hat er sich mit einem 6. Gesamtrang in gewisser Weise rehabilitiert.
Ich wünsche Bardet eine Top 10 Platzierung und einen Etappensieg. Beides ist realistisch.
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Egan Bernal |
26 |
INEOS Grenadiers |
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Daniel Felipe Martínez |
27 |
INEOS Grenadiers |
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Carlos Rodríguez |
22 |
INEOS Grenadiers |
Wer wird bei INEOS Kapitän? Keine Ahnung.
Alle drei Fahrer haben bereits bewiesen, dass Sie eine große Landesrundfahrt in den Top 10 beenden können, Bernal hat sogar schon die Tour (2019) als auch den Giro (2021) gewonnen.
Bei Bernal bin ich aber einfach nur froh, dass er nach seinem verheerenden Trainingsunfall Anfang 2022, nach dem sogar eine Querschnittslähmung nicht ausgeschlossen werden konnte, wieder Fahrrad fährt. Und das wird immer besser. Natürlich hat er noch lange nicht wieder das Niveau von früher erreicht (und es ist auch fraglich, ob er das jemals wieder schafft), aber zumindest ist er auf einem guten Weg, wieder ein richtig guter Rennfahrer zu werden.
Martínez ist die letzten Jahre immer wieder als Edelhelfer ins Rennen geschickt worden (das ist halt das Leid das du tragen musst, wenn du bei INEOS fährst), wurde aber 2021 beim Giro trotzdem Fünfter.
Rodríguez ist nach dem Amerikaner Simmons von Trek - Segafredo der jüngste Fahrer der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt. Nach der Vuelta 2022, welche er auf Rang 7 beendete, gibt er dieses Jahr sein Debüt bei der Tour.
Wie gesagt, keine Ahnung, was INEOS geplant hat. Wahrscheinlich wird es wie so oft mehrere Kapitäne geben und dann mit dem Fahrer gegangen, welcher die beste Form aufweist.