Ich habe wieder ein paar Spiele gespielt und möchte euch davon berichten. In dieser Ausgabe gibt es neben einem einigermaßen gehypten Indie-Spiel, das mich einigermaßen kalt gelassen hat, noch ein enorm gehyptes Indie-Spiel, das mich enorm packen konnte. Und zum Abschluss noch das Ende meiner Reise durch den Spielekatalog von Josef Fares.
despelote 
Spiel Nr. 12 in 2025 | Entwickler: Julián Cordero, Sebastián Valbuena | Jahr: 2025 | Gespielt auf: PS5
In diesem etwa zweistündigen Spiel wird die Geschichte eines achtjährigen Jungen aus Ecuador erzählt, der gemeinsam mit seinem Umfeld die erstmalige Qualifikation seines Landes für eine Fußball-Weltmeisterschaft miterlebt. Die Geschichte erstreckt sich über mehrere Wochen, in denen die Spiele der Quali 2001 gegen Peru, Argentinien & Co begleitet werden.
Es hat einen irren Artstyle, mit fotorealistischen Umgebungen, die in eine Art Sepia-Pixel-Filter getunkt wurden, garniert mit in simplen schwarz-weiß gehaltenen Menschen und Objekten. Die Sprachausgabe ist komplett auf Spanisch gehalten. Die deutschen Texte sind leider immer mal wieder ziemlich fehlerbehaftet (auch zu sehen auf dem Screenshot).
In den ersten fünf Minuten werden vom Kommentator „Claudio Pizarro“ und „Werder Bremen“ erwähnt. In diesem Moment dachte ich, das Spiel des Jahres zu spielen. Leider konnte mich dann der Rest des Spiels nicht ganz so überzeugen. Zwar hören sich die Dialoge für mich alle super natürlich und authentisch an, und man bekommt auch einen schönen Eindruck, wie es damals gewesen sein muss, in diesem fußballverrückten Land zu leben, aber so richtig überzeugt war ich am Ende nicht, dass man diese Geschichte unbedingt in dieser Form erzählen muss. Obwohl ich dem Thema natürlich sehr zugeneigt bin, konnte es mich nicht so recht packen. In den letzten 15 Minuten wechselt das Spiel auf eine Metaebene, die ich dann allerdings sehr sympathisch fand.
Wenn „despelote“ einen von der Narrative nicht abholt, dann wird es einen wohl auch sonst nicht kriegen können, denn spielerisch ist es nicht der Rede wert. Viel mehr als durch die Gegend zu laufen und ab und an ein paar Bälle zu kicken, macht man nicht. Letzten Endes finde ich es eine nette Idee, mit einer netten Ausführung. Insgesamt: nett. Aber mehr auch nicht.
6,5/10
Clair Obscur: Expedition 33 
Spiel Nr. 13 in 2025 | Entwickler: Sandfall Interactive | Jahr: 2025 | Gespielt auf: PS5
„Expedition 33“ ist bis jetzt das Spiel in diesem Jahr, welches den Onlinediskurs im Videospiel-Kosmos gefühlt wie kein zweites beherrscht hat. Das hat einige Gründe: Es ist das Erstlingswerk eines neuen kleinen Indie-Studios aus Frankreich, welches aber gar nicht wie ein klassisches Indie-Spiel aussieht. Auf den ersten Blick schaut es viel eher wie ein AAA-Game aus, das schon in den ersten Trailern mit der Optik, der Prämisse und dem Kampfsystem positiv auffallen konnte.
Entgegen dem aktuellen Trend der immer teurer werdenden Spiele hat es dann auch noch einen unverschämt günstigen Preis von 50 € (45 € mit PS Plus Abo) bzw. ist Day One im Gamepass. Das alles würde allerdings wenig bringen, wenn es nicht gut wäre. Es ist aber verdammt gut.
Lumière könnte so ein schöner Ort sein, wenn da nicht die Malerin wäre, die jedes Jahr erwacht und eine Zahl an den weit entfernten Horizont malt. Wenn das nämlich passiert, werden alle Einwohner Lumières ausradiert, die dieses Alter erreicht haben. Die sogenannte „Gommage“. Angefangen hat das bei der 100, ehe die Zahl Jahr für Jahr um eins abgenommen hat und wir zig Jahre später bei der 33 angekommen sind und damit längst bei einem Alter, in dem man eigentlich noch nicht sterben sollte.
Logisch, dass seit jeher versucht wird, die Malerin aufzuhalten. Expedition um Expedition machte sich schon auf den Weg, um diesen Irrsinn zu stoppen. Meist mit Leuten, die ohnehin nur noch kurze Zeit zu leben und demnach nichts mehr zu verlieren hatten. Offensichtlich ein Himmelfahrtskommando. Als titelgebende Expedition 33 machen wir uns selbstverständlich aber ebenfalls auf die Reise. Und diese Reise ist von vielen Höhen, noch mehr Tiefen und zahlreichen WTF-Momenten geprägt. Für mich definitiv eine der besten Geschichten der letzten Jahre.
Ein paar Probleme habe ich allerdings mit den Charakteren, die man in der Gruppe hat. Eine tolle Party ist für mich ein super wichtiger Part in einem (J)RPG und einer der Gründe, warum ich FF7 Rebirth so liebe. Bei Expedition 33 habe ich nie so richtig Zugang zu den Leuten gefunden. Gustave und Maelle mag ich sehr, Verso dagegen gar nicht, was aber wohl in gewissem Maße auch nicht ganz ungewollt ist bzw. in Kauf genommen wird. Sein Verhältnis zum Core-Team fand ich ein bisschen weird und nicht wirklich glaubwürdig. Sein Kumpel Monoco ist dagegen cool, war aber zu sehr im Hintergrund, und wenn er in Erscheinung getreten ist, war er eigentlich die ganze Zeit nur mit Verso beschäftigt und isoliert vom restlichen Team. Das zieht sich aber generell ein bisschen durchs Spiel: Interaktionen gibt es vor allem zwischen dem Hauptcharakter und den einzelnen Leuten. Zu selten reden die anderen Charaktere überhaupt mal miteinander. Lune und Sciel leben beispielsweise fast gänzlich aneinander vorbei. Die sind für mich aber ohnehin austauschbar und haben keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Allen voran Sciel.
Die Gruppenzusammensetzung fand ich also persönlich ziemlich mau, trotzdem waren die Hauptprotagonisten schon echt interessant und essenziell für die sehr gute Story. Besonders gut hat mir gefallen, dass sie eigene Motivationen und Absichten verfolgen, die nicht deckungsgleich sind, sodass man sich als Spieler erstmal sein eigenes Bild machen und abwägen muss, wem man eigentlich (eher) zustimmt. Hier wird ein Szenario gezeichnet, das alles andere als schwarz-weiß ist.
Spielerisch trifft Expedition 33 voll meinen Geschmack. Ich merke stark, dass die Entwickler mit denselben Spielen wie ich aufgewachsen sind. Das hat schon sehr viel von meinen liebsten japanischen Rollenspielen aus PS1- und PS2-Zeiten (inklusive klassischer Overworld!), nur eben in der modernen 2025er-Version. Ich war lange Zeit ein absoluter Verfechter von rundenbasierten Kämpfen und habe Spiele mit actionreichen Kampfsystemen gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Das hat sich erst spät geändert. Mittlerweile bevorzuge ich ganz klar, wenn ich mehr machen muss, als Optionen aus einem Menü auszuwählen. Letzteres finde ich heutzutage recht altbacken.
Und jetzt kommt Sandfall daher und lässt die Kämpfe mit abwechselnden Zügen wieder sehr frisch erscheinen, indem sie Action-Elemente wie Ausweichen und Parieren hinzunehmen. Das ist zwar nicht bahnbrechend (Super Mario RPG z.B. hatte das vor knapp 30 Jahren schon), aber wie es hier umgesetzt wurde, finde ich sensationell. Es ist ein absolut geiles Gefühl, die Attacken der Gegner zu parieren und dadurch auch zu kontern. Viel befriedigender als eine Angriffskombo des Gegners perfekt zu parieren, den geilen Soundeffekt zu hören, und direkt im Gegenzug Megaschaden anzurichten, geht eigentlich nicht. Zudem bekommt man durch erfolgreiche Paraden Aktionspunkte (AP) zurück, die man für seine starken Fähigkeiten nutzen kann. Zwar kann man auch ausweichen, was durch ein höheres Zeitfenster leichter ist als zu parieren, hier entfällt aber der starke Konter und die Regeneration der AP. Nachdem ich mich ein bisschen eingegroovt hatte, hieß es für mich: Parieren oder nix! Ein super geiles Risk-Reward-System.
Auch ansonsten sind die Kämpfe sehr gut. Jeder Charakter kann während seines Zuges „frei zielen“ und pro AP einmal auf den Gegner schießen. Manchmal haben diese Schwachstellen, die man manuell anvisieren kann, manchmal kann man die Schüsse clever nutzen, um Schilde zu entfernen oder Statuseffekte zu verteilen, von denen es eine schöne Anzahl gibt. Das Spiel hat hier eine echt gute Tiefe, weil man sich seine Charaktere durch das coole Lumina/Pictos-System sehr individuell gestalten und Symbiosen basteln kann.
Die Kämpfe sind zudem sehr snappy und gehen gut von der Hand. Keine langen Animationen. Zack, zack, zack. Ich habe jeden Kampf gerne mitgenommen, weil es mir bis zur letzten Sekunde des Spiels wahnsinnig viel Spaß gemacht hat. Letztes Jahr habe ich die Kloppereien von „Like A Dragon: Infinite Wealth“ als eines der besten seiner Art bezeichnet, das System von Clair Obscur ist für mich das Beste im Bereich der rundenbasierten Kämpfe.
An manchen Stellen sind es mir zu viele Effekte (vor allem zu viel Bloom), es wird einem aber auch visuell eine Menge geboten. Das Art Design ist fantastisch. Es gibt reichlich schöne und originelle Gegenden, die – wie es sich für ein Spiel dieses Genres gehört – natürlich auch mit wundervoller Musik untermalt werden. Der Soundtrack ist oberstes Regal.
Die Orte, die man durchläuft, sind oftmals recht weitläufig und es gibt einige nützliche Items zu finden. Das wird einem allerdings durch das Nichtvorhandensein einer (Mini-)Map ziemlich erschwert. Eine bewusste Entscheidung der Entwickler, wie sie schon im Vorfeld verlauten ließen, damit man sich mehr auf die Umgebung ansich konzentriert, statt ständig auf die Karte zu glotzen. Ein durchaus verständlicher Ansatz. Ich hätte trotzdem lieber die Minimap. Es gab viele Situationen, wo ich mir nicht sicher war, ob ich an der Stelle schon war, weil die Umgebungen innerhalb eines „Levels“ zum Teil sehr ähnlich aussehen. Da habe ich mich ein ums andere Mal verlaufen.
Die zuvor bereits erwähnte Overworld, in der man auf verschiedenste Art und Weise von Ort zu Ort reist, ist wie ein Freund, den man nach langer Zeit endlich mal wieder sieht. Herrlich! Wenn man die Weltkarte gründlich erkundet, kann man viele optionale Dinge wie mächtige Lumina und Bosse entdecken. Was man auf der ganzen Welt leider vergeblich sucht, sind Dörfer oder gar Städte, die wiederum interessante Einwohner beherbergen. Bis auf das Dorf der witzigen Gestrals, die sich mit jedem prügeln wollen, bietet das Spiel hier nicht viel. Die meisten Orte sind leer. Aufgrund der Handlung ist das natürlich verständlich, aber ein bisschen schade finde ich es schon, weil das Ergründen neuer Orte mit ihren eigenen Kulturen einer meiner Lieblingsaspekte bei Spielen dieser Art ist. Naja, verschmerzbar.
Auch wenn ich ein paar Probleme mit den Charakteren hatte, ist „Clair Obscur: Expedition 33“ ein wirklich grandioses Spiel und eine sensationelle Erfolgsgeschichte, gerade wenn man das kleine Team dahinter bedenkt. Ich liebe viele fette Triple-A-Titel, die hunderte Millionen gekostet haben und 70-80 € von mir verlangen, aber dieses Spiel zeigt, dass es auch anders geht. Eine Nummer kleiner, aber überhaupt nicht schlechter. Definitiv ein Positivbeispiel, welches andere Entwicklerstudios gerne studieren dürfen.
Ich hoffe, dass dies der Beginn einer wundervollen Reise für Sandfall Interactive wird und wir hier vielleicht die Geburt eines neuen Megafranchises erlebt haben. Ich fände es toll, wenn es ähnlich wie Final Fantasy eine Anthologie-Serie werden würde, die einige Dinge wie Item-, Skill und Charakternamen von Spiel zu Spiel übernimmt, dabei aber komplett neue Welten, Geschichten und Charaktere erschafft. Nur die Gestrals dürfen 1:1 immer wieder auftauchen, analog zu den Mogrys aus Final Fantasy. Hach, das wäre toll.
Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Sandfall nach dem großen Erfolg bereits einige Meetings darüber abgehalten hat, wie es weitergehen soll. Und ich freue mich darauf zu sehen, was dabei herauskommt. Bei keinem Entwickler bin ich aktuell so gespannt, was als nächstes kommt, wie bei Sandfall Interactive.
9,5/10
A Way Out 
Spiel Nr. 14 in 2025 | Entwickler: Hazelight Studios | Jahr: 2018 | Gespielt auf: PS5
Nachdem ich dieses Jahr bereits „Brothers: A Tale of Two Sons“, „Split Fiction“ und „It Takes Two“ (Replay) gespielt habe, war nun „A Way Out“ an der Reihe – das letzte Spiel von Josef Fares, das ich noch nicht gespielt hatte. Wie jeder bisherige Titel von Hazelight ausschließlich im Ko-op spielbar.
Für mich und vor allem für meinen Ko-op-Partner mit Abstand das leichteste Abenteuer dieser Reihe an Spielen. Statt hektischer Jump ‚n‘ Run-Passagen, geht es hier eher gemächlich zu. Hier ein bisschen mit Leuten reden, da ein bisschen mit Objekten interagieren. Ein starker Kontrast zu dem, was Hazelight später auf die Spieler losgelassen hat. Das fand ich aber zur Abwechslung auch mal ganz schön, auch wenn mir dann doch ein wenig die Herausforderung gefehlt hat. Ein paar mehr Geschicklichkeitseinlagen hätte es vertragen können. Szenen wie die im Screenshot sind eher Mangelware.
Cool ist, wie viele Interaktionsmöglichkeiten mit der Umwelt es gibt. Das sind meistens nur Spielereien, es macht aber Spaß, die Gegenden danach abzusuchen. Neben kleinen Minispielen gibt es auch viele optionale Dialoge, die man führen kann. Einige davon ziemlich witzig. Ein bisschen messy wird es nur, wenn beide Spieler gleichzeitig Dialoge starten.
Wenn einem spielerisch nicht so viel abverlangt wird, rückt die Story natürlich deutlich mehr in den Fokus. Die Geschichte zweiter Gefängnisinsassen, die zusammen ausbrechen wollen, ist zwar klischeebehaftet, kann aber für die längste Zeit unterhalten. Der Splitscreen wird in einigen Szenen sehr cool und filmisch eingesetzt, vor allem, wenn es aus verschiedenen Gründen mal drei statt nur zwei Screens gibt.
Die Story hat eine Wendung, die wir überhaupt nicht haben kommen sehen, die wir aber lieber auch einfach gar nicht gesehen hätten. Leider hat der Twist das Spiel in meinen Augen schlechter gemacht, weil unnötigerweise Plotholes aufgemacht wurden. Vieles ergibt meiner Meinung nach retrospektiv keinen Sinn mehr. Das ist schade.
Insgesamt mochte ich das Spiel zwar ganz gerne, das Ende hat mich aber unbefriedigt zurückgelassen. Ko-op in diesem Genre kann gut funktionieren, was „A Way Out“ auch teilweise gezeigt hat, aber hier wurde in meinen Augen einiges an Potenzial liegengelassen. An die späteren Hazelight-Spiele kommt es nicht im Ansatz heran.
7,25/10