Und sonst so... Archiv 2020—2024

„Armin und das Geheimnis des Beipackzettelfaltens“ - heute in bei der Maus.

Ich bin gespannt… :thinking:

Der thematische Bruch zum Heimwerken wird jetzt ziemlich brutal, tut mir leid. Angestossen von @Fry Geschichte im Jahresrückblick-Thread und der Tatsache, dass das ganze fast ein halbes Jahr her ist, möchte ich das mal runterschreiben. Die Geschichte ist sehr persönlich und harter Tobak, deswegen packe ich das folgende in guter @DirtMcGurk -Tradition in Spoiler.

Anfang des Jahres erfuhren meine Frau und ich, dass sie nach Jahren des Versuchens schwanger war. Wir sind sicher nicht die Einzigen, bei denen es nicht auf Anhieb klappt, aber unter tätiger Mithilfe recht starker Hormone klappt es dann schliesslich. Nach 6 Wochen ging es zum ersten Mal zum Ultraschall, und siehe da,
ein mini-Blob, genau da, wo es sein sollte. Weil es familiäre Vorbelastungen gibt, wurde nach ca. 3 Monaten eine Genomuntersuchung gemacht, die unauffällig war. Vermutlich gibt es keinen Punkt im Leben, zu dem man sich so sehr wünscht, langweilig und normal zu sein. Im 4. Monat dann trauten wir uns langsam, es uns nahestenden Menschen zu sagen. Zu diesem Zeitpunkt meinte der Gynäkologe, die Kleine sei im untersten Quartil in puncto Grösse, aber alles in Ordnung. So vergingen die Monate, die Vorfreude wuchs, alle paar Wochen tigerten wir zum gemeinsamen Ultraschall, Baby gucken. Die 2. Trimesteruntersuchung stand irgendwann an, mit 2 oder 3 Wochen Verspätung wegen Krankheit erst des Arztes, dann meiner Frau. Zum ersten Mal war ich nicht mit dabei, sondern fuhr von Zürich nach Basel zur Arbeit. Gerade im Büro angekommen sah ich auf einmal 3 Nachrichten und Anrufe in Abwesenheit, ich rief mit mulmigem Gefühl zurück und innerhalb weniger Sekunden sank mir das Herz in die Hose. Das Fruchtwasser war weg, die Kleine war seit etwa 5 Wochen nicht mehr gewachsen, die Prognose schlecht. Wie ein Wahnsinniger rannte ich zum Büro meines Chefs, rief ihm zu, dass ich meine Präsentation (in 5 min) nicht werde halten können, und fuhr durch einen Tränenschleier über sämtliche rote Ampeln zum Bahnhof. 1.5 grauenvolle Stunden später fand ich meine Frau als winziges Häufchen Elend auf der Couch. Zum Glück konnten wir einen Termin bei den Spezialisten vom Unispital am nächsten Morgen bekommen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass der folgende Tag der psychologisch härteste meines bisherigen Lebens war. Zwischen ermunternden Gesprächen mit meiner Frau und meiner Mutter, die kleine Fünkchen Hoffnung verbreiten sollten, machte sich immer mehr das Gefühl von „impending doom“ breit.
Am nächsten Morgen tigerten wir dann ins Unispital, wo wir traurige Gewissheit erlangten - die Nieren hatten sich nicht vollständig ausgebildet, die Kleine war für den Moment in Ordnung, aber es gab keine therapeutische Option, wie es so nüchtern heisst. Es lässt sich kaum greifen, wie sehr uns die einfühlsam, aber eindeutig vorgebrachten Worte trafen, niemalsniemalsniemals hatte ich bisher einen Moment erleben müssen, an dem Träume, Wünsche, Hoffnungen so brutal in 1000 Stücke zerbrochen waren (Witze über Bayern-CL-Finale hier :ronaldo:) Das sind Abgründe der Verzweiflung, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen würde.
Mit dieser Erkenntnis im Gepäch erbaten wir uns ein paar Tage Zeit, um die nächsten Schritte in die Wege zu leiten. Arbeitgeber mussten informiert werden, aber das war vergleichsweise einfach. Wie wir entgeistert zur Kenntnis nehmen mussten (im Nachhinein ergibt es natürlich Sinn), erwartete uns nämlich noch der Abbruch und die folgende stille Geburt. An dieser Stelle ein kurzer Gruss an alle Menschen, die denken, Schwangerschaftsabbrüche wären etwas, das man mal eben so durchführe. Man nimmt eine Tablette im vollen Wissen, damit nun endgültig ein Leben zu beenden. Ich habe mich selten im Leben so fehl am Platz gefühlt wie 36h später, als wir wegen der Wehen zur Gebärstation fuhren. Ein Ort, der wie wenig anderes für Leben steht, und wir waren dabei, uns von unserer Tochter zu verabschieden. Die Details der Geburt erspare ich euch, aber eins will ich sagen: Sein eigenes, ganz kleines, verstorbenes Kind in den Armen zu halten fickt einen. Richtig. Ausserdem: Meine Frau ist die Beste, Tollste, Stärkste. Und das Personal am Unispital Weltklasse.
Wenige Tage später begruben wir unsere kleine Tochter in einem wunderschönen kleinen Grab in Zürich. Anfangs habe ich es vor allem meiner Frau zum Gefallen getan, die sich einen Ort des Andenkens wünschte, mittlerweile ist es mir selber ein Bedürfnis, alle 1-2 Wochen dorthin zu gehen und alles zu richten.

Seitdem sind einige Monate vergangen, zum Glück hat meine Frau, der 8 obligatorische Wochen Mutterschutz zustanden, es körperlich gut verkraftet. Seitdem haben wir erfahren, dass die Nieren in Ordnung waren, was uns beide noch einmal sehr aus der Bahn geworfen hat. Es war auf verquere Art tröstlich, dass es einen Grund gab, an den wir uns halten konnten. So müssen wir wohl oder übel damit leben, niemals herauszufinden, was schief gegangen ist, denn auch eine tiefergehende Genanalyse von uns dreien hat nichts ergeben. Wir werden es wieder versuchen, aber meine 30 Jahre Grundvertrauen, dass schon alles gut gehen wird, sind dahin.

Erkenntnisse aus dieser Zeit gibt es einige. Die Rückkehr in die Normalität kam uns beiden anfangs absurd vor - der normale Alltag fühlte sich unbedeutend und falsch an. Aber langsam ging es voran. Als Paar sind wir stärker als je zuvor, zumindest das, meiner Frau hat auch eine Psychologin zur Trauerbegleitung sehr geholfen. In uns beiden ist der Wunsch nach eher weniger, aber dafür engeren Beziehungen zu Freunden und Familie gewachsen. Wir sind mit unseren Erlebnissen recht offen umgegangen und waren überwältigt, WIE viele Paare ähnliche Erfahrungen gemacht haben und darüber reden konnten und wollten. Die meisten waren im 3. statt wie wir im 7., aber das ist auch nicht so wichtig. Es macht uns Mut, dass viele von ihnen mittlerweile gesunde Kinder haben, und hat uns vielen von ihnen deutlich näher gebracht.
Eine harte Erkenntnis ist auch, dass es einen jederzeit „treffen“ kann, wie heute, als ich @Fry Jahresrückblick las. Gewisse Bilder, Situationen und Gefühle (allesamt unerwünscht) haben sich tief in mein Hirn gefräst und kommen immer wieder hervor, auch wenn die Frequenz langsam nachlässt. Ich würde sehr viel dafür tun, mich nienienie wieder so dermassen verzweifelt und hilflos fühlen zu müssen wie in den Tagen zwischen Erstdiagnose und Geburt.
Mach es gut, kleine Sophia.

In diesem Sinne, fick 2022. Auf ein besseres 2023!

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:cry:

Ich stehe gerade mit einer frisch aufgewachten und lebensfrohen Fritzi (*2022) am Wickeltisch und du willst gerade gar nicht wissen welches Gefühlschaos gerade durch mich zieht, wenn von euch lese.

Auch wenn es ein schwacher Trost ist, aber es spricht für euch, dass es euch zueinander und nicht auseinander gebracht hat.

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Ich drücke euch alle Daumen die ich habe, dass die Zukunft für euch noch ein gesundes Geschwisterkind für Sophia bereit hält.

3 „Gefällt mir“

Alle Probleme dieser Welt erscheinen so belanglos, wenn man deinen Post liest. Ich kann mir nur vorstellen, wie ihr euch fühlt und wünsche euch nur das Beste und viel Kraft. Möge der jetzige Schmerz sehr bald verschwinden und euch dazu verhelfen, dass euer Traum irgendwann doch in Erfüllung geht.

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Alles, was die anderen schon geschrieben haben. Ich denke, so fühlen sich alle gerade.

Umso dankbarer bin ich - auf eine seltsame Weise - dass wir als immernoch irgendwie anonymes Forum zu denen gehören, denen du eine solche Geschichte anvertrauen magst und kannst. Bei allem Schwachsinn, der hier sonst so durch den Äther geht.

Sofacoach. :heart:

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Sind hier nicht auch ein paar Lehrer/Sozialpädagogen/Sozialarbeiter unterwegs? Ich brauche eure Hilfe!

Konkret geht es darum, dass ich die Möglichkeit habe, ein Workshopkonzept zu erarbeiten und durchzuführen. Finanziert wird das über einen Verein, der jetzt Zugriff auf Mittel erhält und die auch ausgeben muss. Es soll ein längerfristig angelegtes Projekt sein.
Die Idee habe ich auch, ich weiß wie ich da anfangen möchte und so, aber da ich ja in Norwegen bin und keine Zielgruppe in Deutschland „bei der Hand habe“, brauche ich lokal jemenschen, mit dem ich zusammenarbeiten kann. Arbeitet hier also jemensch mit Jugendlichen und hätte Interesse an einer Kooperation?

Projektidee:
Es geht darum, mit Schülern am Thema Mobbing/Cybermobbing zu arbeiten.

Von der Idee her würde ich mit einem Startworkshop anschieben. Dafür verwende ich Methoden aus dem Theater der Unterdrückten, d.h. die Schüler erarbeiten Szenen aus ihrem Alltag, in denen Mobbing stattfindet. Diese Szenen werden einander vorgeführt und dann bekommt das Publikum die Möglichkeit zu intervenieren, d.h. einzelne Protagonisten können ausgetauscht werden. So können verschiedene Handlungsoptionen nicht nur theoretisch besprochen, sondern praktisch ausprobiert werden.

Danach würde es dann darum gehen, das ganze auf Cybermobbing zu übertragen und dabei mit anderen Ausdrucksweisen und digitalen Werkzeugen zu experimentieren. Ich könnte das aus der Distanz begleiten, wäre aber auf die Zusammenarbeit mit einer Lehrperson vor Ort angewiesen. Das ist auch für mich Neuland, aber mit Jugendlichen über Zoom an TikTok-Videos o.ä. zu arbeiten wäre extrem spannend.

Im letzten Schritt geht es dann darum, aus diesen Erfahrungen wieder in Präsenz ein längeres Stück zu entwickeln, dieses als Forum-Theaterstück vor Publikum aufzuführen und danach zu reflektieren.

Also: jemensch Bock? Oder kennt wen oder eine Schule/Institution, die in Frage käme? Oder eine_n Medienpädagog_in, der_die für sowas zu haben wäre? Weitere Details auch gerne per PN.

Sorry, das passt jetzt gar nicht zum Thema, und ich will auch kein Fass aufmachen. Ich bin echt der letzte, der sich übers gendern beschwert, aber das finde ich schon irgendwie hart. Wird denn „jemand“ wirklich von „Mann“ abgeleitet? Und gibt es da nicht was schöneres genderneutrales?

Jetzt aber viel Erfolg bei der „Partnersuche“.

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Ich dachte das ist ein Autokorrektur-Fehler? :balotelli:

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Dann halt gleich jugenddenglischen
Oder hat jemsn was gegen?

Lit!

Ich nutze „jemensch“ schon eine ganze Weile und kenne das auch aus einigen Kontexten. Ich finde das ganz charmant, deswegen habe ich das übernommen…

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Ist hier jemensch der Jemensch heißt?

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Der ehemalige Bayernspieler? Jens Jemensch?

Mensch stelle sich eine Amateurmenschschaft am Ballermensch vor. Alles Ehemenschen und bekleidet mit Blaumenschen. Jemensch macht den Hampelmensch, jemensch anderer brachte seinen Dobermensch mit, sie alle wurden letztlich vom Sandmensch übermenscht.

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Leitet sich nicht auch „mensch“ von „mann“ ab? Tja, alles nicht so einfach.

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Tatsache.

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Siehe auch hier, ein Auszug von einem Flyer der Uni Bamberg für gendergerechten Sprachgebrauch:

Sprache ändert sich und ich gendere so gut und oft es geht, gerne auch, um verrostete, alte, weiße CIS-Männer oder generell Antis zu triggern, aber ‚jemensch‘ werde ich für mich persönlich als kläglichen Versuch ad acta legen.

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Wie immer in solchen Diskussion dreht sich hier alles um eine kleine belanglose Nebensächlichkeit und niemand hat @scnorweger im Kerne seines Aufrufs auch nur ansatzweise geholfen.

…und jetzt mach ich noch das Meta-Thema auf :slight_smile:

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Das lasse ich so nicht auf mir sitzen, denn es war nie meine Absicht, vom ursprünglichen Thema „abzulenken“, ich konnte nur nichts dazu beitragen und ein Wort wurde Anstoß einer neuen Diskussion, wie auch hier üblich. :grummel:

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