Regelfragen und -diskussionen - die 90-Minuten-Hurensohn-Schreien-Flatrate

In der ARD Audiothek gibt es eine 6-teilige Podcastreihe mit dem Namen „Hoyzer - Verrat am Fußball“

Robert Hoyzer ist das Gesicht eines der größten Wettskandale des deutschen Fußballs. Für 67.000 Euro und einen Plasmafernseher manipulierte der ehemalige Schiedsrichter mehrere Spiele, auf die seine Freunde, die Brüder Ante, Milan und Philipp Sapina im Vorfeld Geld gesetzt hatten. Der Wettskandal um Robert Hoyzer ist eine Geschichte über das mysteriöse Café King in Charlottenburg, über die Verführung des Geldes, über das undurchsichtige System der Schiedsrichterei und über organisierte Kriminalität. Warum hat Robert Hoyzer seine Werte und damit die aller Schiedsrichter verraten? Welche Rolle spielte der Schiedsrichter Felix Zwayer und der Deutsche Fußball-Bund (DFB)? Wurde damals tatsächlich alles aufgeklärt? Und ist das Geschäft mit den Sportwetten heute sauber?

Ich habe mir die Reihe angehört und kann es sehr empfehlen.
Gesprochen wird das Ganze von einer Frau und einem Mann, der selbst Schiedsrichter im Berliner Fußballverband ist. Es kommen viele ehemalige Beteiligte zu Wort, sowohl Schiedsrichter als auch betroffene Spieler und Funktionäre oder ehemalige Kollegen die mit Hoyzer auf dem Feld gepfiffen haben. Hoyzer selber hat leider abgelehnt mit den Autoren zu sprechen, aber es gibt viele eingespielte Zitate von ihm und seinem Auftritt bei Johannes B. Kerner. Auch die Sapina Brüder sind nicht direkt im Podcast zu hören, aber haben zum Teil zumindest mitgeholfen in dem sie den Autoren ein Interview gegeben haben.

Die Reihe rollt den kompletten Skandal auf und beleuchtet den Hintergrund der Täter. Dabei kommen wie gesagt viele Originalkommentare und Einspieler zum Einsatz, u.a. natürlich auch von der Übertragung des Skandalspiels zwischen Hamburg und Paderborn.
Gegen Ende hin wird auch nochmal erläutert, dass der DfB damals nicht wirklich großes Interesse daran hatte, den kompletten Skandal aufzudecken und angesichts der anstehenden WM und Confederations Cup lieber alles schnell geklärt haben wollte. Dadurch bleiben manche Fragen ungeklärt.
Nicht nur für @Bouba interessant: In der letzten Folge gibt Felix Zwayer ein Interview über seine Verstrickung in den Skandal, die bis heute nicht zu hundert Prozent aufgeklärt ist. Ich finde seine
Erklärung schon schlüssig, aber es ist auch viel „ich kann mich nicht mehr erinnern“ dabei. Die Sapinas und Hoyzer belasten ihn, handfest nachweisen lässt sich aber Nichts (außer dass er wirklich mal im Cafe King Gast war und dort mit einem Sapina-Bruder Kontakt hatte). Ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt für Hoyzer bzw. Sapina in der Hinsicht zu lügen, aber es ist wie gesagt unmöglich ihre Aussagen zu belegen.

Wer einen spannenden, guten Podcast über ein Stück deutscher Fußballgeschichte hören will, ist hier genau richtig.

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Eine Frage die mich schon lange umtreibt ist mir durch diesen thread wieder in den Sinn gekommen.

Laut Regeln darf der Torwart den Ball nur sechs Sekunden in der Hand halten. In der Realität spielt diese Regel aber absolut keine Rolle und die Keeper halten den Ball teilweise fast eine Minute lang fest. In Zeiten in denen jeder frame auf Abseits kontrolliert wird und 11m wiederholt werden, wenn der Torwart 5cm vor der Linie steht (parallelen zu aktuellen Spielen sind reiner Zufall :ronaldo: ) wundert es mich immer, wie egal den Schiedsrichtern sowas offensichtliches ist.
Kannst du was dazu sagen @FoxoFrutes , ob in euren Schulungen explizit angesprochen wird dass ihr da nicht so drauf achten sollt, oder das unter den Schiedsrichtern einfach ein offenes Geheimnis ist?

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Also eigentlich wissen wir alle, dass es diese Regel gibt und wir sie aber alle wissentlich ignorieren. Ich glaube ich kenne niemanden, der das jemals wirklich gepfiffen hat. Ich fände es auch schwierig, dass als schwarz/weiß Regel wie z.B. Fuß vor der Linie durchzuziehen, da die Situationen, in denen der Keeper den Ball in den Händen hat, ja durchaus unterschiedlich sind. Hat er den Ball während er am Boden ist und nachdem er aufgestanden ist, ist noch eine Spielertraube um ihn herum? Dann sind sechs Sekunden um den Ball frei zu geben finde ich zu wenig. Wenn er den Ball frei aufnimmt und unbedrängt in den Händen hat, dann sieht das wieder anders aus.

Man könnte sicher drüber nachdenken, die Regel zumindest ein bisschen härter durchzusetzen, aber eine scharfe 6-Sekunden-Grenze fände ich problematisch. In der Praxis bekommt man als SR ja mit, wenn ein Torwart es übertreibt. Dann reicht meiner Erfahrung nach eine deutliche Ansage in dessen Richtung und das Zeitspiel ist vorbei.

Dann einfach auf 10 Sekunden erweitern aber auch rigoros durchsetzen.
Was spräche dagegen?

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Danke für deine Ausführung, das deckt sich wie erwartet mit dem was man jedes Wochenende so sieht.

Da frag ich mich ebenso wie Kev wieso man eine Regel im Regelbuch stehen lässt, die wirklich niemand einhält (die Frage geht natürlich nicht explizit an Foxo). Die von mir erwähnte Minute die Torhüter den Ball manchmal festhalten ist dabei auch keine Hyperbel, sondern ab und an achte ich wirklich mal auf die Sekunden und das ist dann keine Seltenheit.

Grundsätzlich ist es ja sehr gut, wenn Schiedsrichter bei sowas gutes (in anderen Situationen oft vermisstes) Fingerspitzengefühl zeigen und nicht strikt nach 6 Sekunden pfeifen. Aber dass das seit Jahren so garkein Thema ist wundert mich dann doch, weil das zumindest meinem subjektivem empfinden nach in den letzten Jahren auch zugenommen hat, dass Torhüter den Ball wirklich extrem lange festhalten.

Der Klassiker dabei: Ball fangen, lange liegen bleiben, aufstehen, warten, antäuschen den Ball kurz zu spielen, Bewegung abbrechen und den Mitspielern anzeigen nach vorne zu laufen, wieder warten und dann erst irgendwann den Ball spielen.
Und dass ein Torwart bei sowas ermahnt wird habe ich noch nie gesehen. Was ja auch keinen Sinn ergeben würde, weil im Gegensatz zum Abstos vom Boden wäre das ja direkt ein definierter Regelverstoß mit indirekten Freistoß für den Gegner (?).

Gerade bei so einer Regel führt Fingerspitzengefühl für den Zustand den man jetzt erreicht hat. Die Regel ist nur sinnvoll, wenn man sie gnadenlos durchsetzt und dem Schiri hier keinen Freiraum gibt. Wie Kev sagt, am besten 10 Sekunden und dann muss der Ball aber auch wieder im Spiel sein. Und dabei muss der Schiri eben laut zahlen oder mit den Fingern zählen, damit es für alle nachvollziehbar ist.

und ihr denkt, der Schiedsrichter hat nichts anderes zu tun, als zuzuschauen und bis 10 zu zählen?
So eine strikte 10 Sekunden Regel wird doch praktisch niemals funktionieren, alleine weil der Schiedsrichter nie direkt in der Sekunde der Ballkontrolle anfangen wird zu zählen.
und das Gemecker will ich mir nicht anhören, wenn ein Schiedsrichter zu schnell gezählt hat und aus dem indirekten Freistoß ein Tor fällt.

Die aktuelle Regel müsste einfach nur strenger angewendet werden. Meinetwegen auch mit einer Warnung an den Torwart, bevor man sie das erste Mal anwendet. So kann sich der Keeper darauf einstellen und Kontroversen werden vermieden

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Wieso nicht eine Art „shot clock“ analog zum Basketball?

Wir hatten mal einen in der Kreisliga der hat so konsequent ab dem Moment der ballaufnahme mit einem lauten Ruf der Zahl 6 und dann das runterzählen an der Hand das ganze durchgezogen, das war für die Torhüter so dermaßen stressig das brauch auch keiner :sweat_smile:

Würde ja schon reichen wenn der Schiedsrichter einfach so ein Zeichen für „jetzt weiter“ hätte, so wie im Handball, wenn der Abschluss gesucht werden soll.

Ansonsten ist jede nicht verfolgte Regel halt blöde für den Schiedsrichter. Es gibt immer Angriffsfläche und es wird nach Fingerspitzengefühl gefragt, weil die Regel einfach verwäscht.

Eine Anpassung der Zeit würde ja schon reichen…

Gab es früher eigentlich wirklich auch eine Regel wie viele Schritte der Keeper mit dem Ball laufen durfte? Irgendwie dämmert es gerade bei mir in dieser alten Torwartecke :thinking:

Ein Mitspieler von mir hat früher sehr oft für den Schiedsrichter laut mitgezählt. Kam richtig gut an bei Gegner und Schiri :kackebart:

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Kenne ich bei uns ganz gut von der Dreisekundenregel :basketball:. Gibt der Erfahrung nach eigentlich immer ein technisches Foul :roll_eyes:

Aber ich will doch nur helfen :person_shrugging::smiling_face:

Dreisekundenregel, pah. Mit kleinen Kindern wird das eher zur Dreißigsekundenregel.

So wie es momentan gehandhabt wird, erfüllt die Regel ja auch einen Zweck.
Grundsätzlich will man keine Shotclock, aber wenn ein Torwart es mit dem Zeitspiel übertreibt, hat der Schiedsrichter was in der Hand, damit er es unterbinden kann.

Wird im echten Leben ja auch oft so gemacht.

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Bei Abstößen vom Boden, ja.
Aber hier geht es ja um die Situation wenn der Torwart den Ball lange in der Hand hält. Hast du da in all den Jahren in denen du Fußball guckst jemals gesehen, dass es den besagten indirekten Freistoß dafür gibt?

Ich erinnere mich an genau ein Mal: Mignolet hat den Ball mal 22 Sekunden festgehalten bevor es dem Schiri zu blöde wurde. Bordeaux hat den indirekten Freistoß dann auch gleich versenkt. Artikel mit Video:

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Ich hab mit „im echten Leben“ gemeint „außerhalb des Fußballs“.
Gibt im echten Normenkatalog ja auch solche Fälle, bei denen das Gesetz existiert, aber es nur durchgesetzt wird, wenn es exzessiv übertrieben wird.

Als ich vor 22 Jahren mal für 2-3 Jahre Schiri war wurde uns das genau so beigebracht und konsequent im Spiel umgesetzt. :ulaugh:

Alles was hier beschrieben wird ist es was Brych-Spiele unerträglich macht. @KevMcFly auf deinen Kommentar von gestern. Brych ist ein in der Entscheidungsfindung sehr guter Schiri. Sein ultra-arrogantes Auftreten, das ahnden von allerkleinstem Körperkontalz und sein konsequentes ignorieren von Zeitspiel machen seine Spiele für mich unschaubar. Da gibt es mehr Fouls als Pässe. Nicht meine Art Fussball die ich mag. Bei Bochum - Leipzig letztes Jahr hat Gulasci pro Abstoss knappe 45-60 Sekunden gebraucht. Es gab keine Ermahnung oder gar Verwarnung.

Nur wenn er als einer der besten Schiris der Welt es vorlebt, dass man Zeitspiel nicht ahnden sollte, dann ist für mich klar, dass es darunter auch nicht durchgezogen wird.

Trotzdem liegt hier der Fehler im System an den Spielern. Wenn ein Torhüter mit Ball am Fuss quer durch den 16er läuft, sich bückt und mit Hand vorm Ball wartet bis der Stürmer 3cm vor ihm steht, bevor er den Ball aufnimmt und dann weitere 60 Sekunden für einen Abschlag braucht, dann kann doch der Schiri nicht der Depp der Nation sein.

Beispielsweise müssen Fahrer von Polizei-Autos im Ruhrgebiet keine Blinker benutzen. Die dürfen einfach so die Spur wechseln und abbiegen. :jeffkoch:

Der Schiri könnte aber immerhin den zweiten Teil des Problems ratzfatz unterbinden, in dem er sich einfach ans Regelwerk hält.

Für den ersten Teil ist nunmal leider der Stürmer zuständig, der halt den Keeper anlaufen muss.