Regelfragen und -diskussionen - die 90-Minuten-Hurensohn-Schreien-Flatrate

Also ist aufgrund der aktuell gelebten 6-Sekunden-Regel bei den Torhütern ab sofort alles angreifbar, da dies ja nie ein Schiedsrichter korrekt auslegt (bzw falsch macht - je nach Juristerei).

Überspitztes Beispiel, aber Fehler passieren halt auch bei den Ladies und Gents in schwarz :man_shrugging:

1 „Gefällt mir“

Wenn der Schiedsrichter die 6 Sekunden Regel ahndet und Elfmeter geben wird, kannst du dir sicher sein, dass es ein Wiederholungsspiel geben wird.

3 „Gefällt mir“

Bei der vom Weltverband getesteten Alternative handelt es sich um den sogenannten Video-Support. Dabei werden von den Unparteiischen nur nach einem Protest der Trainer strittige Szenen auf einem Monitor am Spielfeldrand unter die Lupe genommen - einen zusätzlichen Video-Assistenten soll es dabei nicht geben.

Ein Schritt in die aus meiner Sicht richtige Richtung. Gibt es außer Fußball aktuell irgendeinen anderen großen Sport mit Videobeweisen, der nicht auf ein Challenge-System setzt?

3 „Gefällt mir“

Sowas fordere/wünsche ich ja auch schon seit Jahren. Das wäre eine hervorragende Überarbeitung, die das ganze Videoassistent-Ding auf eine wesentlich schlüssigere Bahn lenkt.
So könnten auch diese ehlendigen Proteste von Spielern und Verantwortlichen in geordnete Bahnen gelenkt werden und der verantwortliche Schiedsrichter ist dann nicht mehr von irgendwelchem obstrusen Kellerentscheidungen abhängig.

Ich bin da erstmal sehr skeptisch, wie das im Fußball in der Praxis aussehen soll. In vielen anderen Sportarten hat man immer wieder längere Unterbrechungen, bis der Ball wieder im Spiel ist. Beim Fußball ist das nicht so. Bisher haben die Schiedsrichter es in der Hand gehabt, ob etwas überprüft wird oder nicht und konnten dementsprechend die Fortsetzung verzögern. Wenn das jetzt der Trainer machen soll, wie funktioniert das, wenn ein Ball schnell wieder ins Spiel gebracht wird?

Abgesehen davon, dass der Trainer die Situationen an der Außenlinie überhaupt nicht bewerten kann. Im Football schmeißt er zwar auch die Challenge, aber da liegen eben 30-45 Sekunden Sekunden zwischen den Spielzügen und der Staff kann sich die Szene ein paar mal anschauen, bis sie entscheiden ob sich eine Challenge lohnt.

Beim Hockey darf glaub auch der Kapitän die Challenge ansagen, aber gefühlt sind die Situationen dort auch viel klarer und einfacher zu beurteilen, ob man da drüber schauen sollte oder nicht.

Am Ende führt es vermutlich zu mehr Akzeptanz, weil es das eigene Team in der Hand hat. Wobei am Ende ja immer noch der Schiri entscheiden muss und es kommt ja oft genug vor, dass der Schiri sich die Szene anschaut und man trotzdem nicht nachvollziehen kann, warum die Entscheidung so stehen bleibt. Trotzdem glaube ich, dass dadurch die Fehlentscheidungen wieder ansteigen werden.

Wenn sie den VAR einfach vernünftig umsetzen würden, dann wäre das meiner Meinung nach immer noch die mit Abstand beste Lösung.

Das Problem ist doch einfach, dass alles noch völlig umständlicher verklausuliert wird. Sei es das ewige Handspiel-Thema, Deliberate Play, Trefferbild, „klare Fehlentscheidung“ usw.

Und ich glaube, ich habe das schon mehrfach erwähnt, es ist faktisch für mich immer eine klare Fehlentscheidung, wenn der Schiedsrichter im Falle von Elfmeter oder nicht, falsch entscheidet. Die Begrifflichkeit wird aber immer wieder halbgar ausgelegt.
Ebenso die Argumentation von Kirchner am Sonntag, der VAR hätte „keine anderen Bilder“ liefern können als das, was der Schiedsrichter auch im Spiel gesehen, somit läge es in seinem Ermessensspielraum, auch ein Unwort im Schiedsrichtertum.

1 „Gefällt mir“

Aber wer hat denn die Deutungshoheit, was falsch ist und was nicht? Wie viel Körperkontakt ist in einem Zweikamp denn erlaubt, bevor es Strafstoß ist? Wann ist ein Foul so hart, dass es rot ist und nicht gelb? Ich habe im anderen Thread ja schon geschrieben, dass es rein von der Regelseite her betrachtet fast immer Argumente für beide Seiten gibt, daher gibt es ganz wenige Fälle, wo man sagt „das ist ein 100% Elfer“. Wo ziehst du dann die Grenze? Ab wann ist es „klar falsch“?

Wie würde das deiner Meinung nach denn konkret aussehen? Also wann darf der VAR eingreifen? Wann muss er evtl. sogar eingreifen? Wann darf oder muss der Schiri sich Dinge selbst nochmal anschauen? Was darf oder muss der VAR dem Schiri vielleicht aufs Ohr geben?

1 „Gefällt mir“

Wenn immer die Frage im Raum steht, ob das ein Foul im Strafraum war oder nicht, muss der VAR das überprüfen und bei Bedarf korrigieren. Es wird oftmals damit entschuldigt, dass keine klare Fehlentscheidung vorgelegen habe. Und doch, wenn ich fälschlicherweise für oder gegen einen Elfmeter entscheide, ist das schon eine krasse Fehlentscheidung an sich. Vielleicht ist das jetzt verständlicher, was ich meine.

Im ersten Schritt würde ich nichts ändern. Wenn, dann würde ich es sogar erweitern, dass es nicht nur auf Fehlwarnehmung, sondern wie früher auch bei falscher Beurteilung korrigiert werden kann (wobei das doch auch jetzt noch ab und zu passiert) . Gelb-rote Karten sind ärgerlich, wenn die zweite gelbe unberechtigt war, aber dann müsstest du jede gelbe Karte überprüfen lassen. Ansonsten passt das System meiner Meinung nach.
Ich denke, dass es ganz viel Akzeptanz geben würde, wenn man Entscheidungen über das Mikro kommuniziert. Es sind ja immer wieder fragwürdige Entscheidungen dabei und wir rätseln dann das ganze Spiel über, warum nach VAR so entschieden wurde. Mit viel Glück erfährt man dann im Nachgang mal etwas, aber das kann ja nicht die Lösung sein. Ich würde auch nicht nur den Schiri an den Monitor holen, sondern auch die Linienrichter. Sollen sie zu dritt beraten und der Schiri trifft die Entscheidung. Vielleicht einen Timer von 30 Sekunden setzen, bis die Entscheidung gefällt sein muss, ansosnten steht die Entscheidung, die auf dem Platz gefällt wurde. Zudem denjenigen, der die Bilder zur Verfügung stellt weiter schulen. Das sieht ja teilweise gruselig aus, wenn man da den Monitor selber mitverfolgen kann.

Der VAR greift so oft korrigierend und sinnvoll ein, aber es bleiben eben die paar kontroversen Situationen im Kopf, die nicht gut gelöst sind. Anstatt da anzusetzen, dass man solche Situationen besser handelt, würde das Challenge System nur dazu führen, dass die Schiedsrichter weniger solcher Situationen beurteilen müssen, mit der Gefahr, dass viele andere Fehlentscheidungen ebenfalls durchrutschen, weil der Trainer nicht challenged.

Na gut, dann wollen wir mal.

Schiedsrichter in Deutschland werden vom DFB-Bereich bis in die Amateurspielklassen anhand des sogenannten „Beobachtungs- und Coachingbogens“ bewertet und am Ende auch verglichen. Der Bogen bewertet den Schiedsrichter in sechs verschiedenen Kategorien, die teilweise wiederum Unterkategorien haben. Jede (Unter)kategorie besteht dabei auch noch aus mehreren einzelnen Kriterien, die bei Bedarf bewertet werden können. Dabei hat jedes Kriterium einen sogenannten Faktor im Bereich von 1-3, der die Wichtigkeit des entsprechenden Kriteriums beschreibt und dafür sorgt, dass Abzüge in wichtigen Kriterien schwerwiegender sind als in eher unwichtigen.

Jedes Kriterium wird anhand einer Skala von 1-6 bewertet, wobei 1 der schlechteste und 6 der beste Wert ist. Es wird nicht jedes Kriterium zwingend in jedem Spiel beurteilt. Oft passiert in einem Spiel schlicht nichts, was das entsprechende Kriterium „füttert“. Der Standard-Einstiegswert in jedem Kriterium ist die 4. Multipliziert mit dem Faktor, also der Wichtigkeit des Kriteriums, ergibt sich hieraus eine Punktzahl für dieses konkrete Kriterium. Legt man nun diesen „Startwert“ 4 bei allen Kriterien an und multipliziert mit den entsprechenden Faktoren, dann kommt man bei der sogenannten „Einstiegsnote“ raus. Die ist 240. Note ist dabei zwar das übliche Wording, „Punktzahl“ würde es aber besser beschreiben. Damit startet der Schiri bei Anpfiff. Wenn in einem Spiel nun, rein hypothetisch, gar nix passiert und die Spieler sich 90 Minuten den Ball hin und her passen, dann ist das am Ende auch die Abschlussnote.

Wenn der Schiedsrichter etwas falsch macht, dann zieht der Beobachter das auf der Skala entsprechend ab. Wie weit er dabei nach unten geht liegt an der Auslegung des Beobachters und auch an der Schwere des Fehlers. Ein kleiner Fehler ohne große Folgen bedeutet vielleicht eine Abwertung von 4 auf 3 in der Skala, ein komplett falscher Elferpfiff heißt, dass es direkt auf die 1 geht. Hierfür gibt es einen über 80-seitigen Beobachterleitfaden, der relativ genau beschreibt, was wie weit abgewertet werden darf und muss. Je nach dem, wie hoch der Faktor dieses Kriteriums ist, kann das also in der Endbewertung richtig Punkte kosten. Wenn der Schiri z.B. ein klares Fußvergehen im Mittelfeld übersieht, dann ziehe ich das im entsprechenden Kriterium ab. Dazu schaue ich in den Leitfaden und schaue, was dort zum Kriterium „Fußvergehen“ steht:

Da es sich hier um ein „normales Foul“ im Mittelfeld gehandelt hat, gehe ich auf die 3. Bei einem Faktor von 2 macht das also zwei Punkte in der Endnote für den Schiri aus.

Andersrum funktioniert das natürlich auch. Wenn der Schiedsrichter Dinge besonders gut löst, dann kann ich als Beobachter mit der Note auch nach oben gehen auf 5 oder sogar 6 in einem Kriterium. Hierfür muss er aber „den Erwartungsbereich übertreffen“. Das ist natürlich allein dem Spielraum des Beobachters überlassen, was nun Erwartungsbereich ist und was nicht und wofür man aufwertet und wofür nicht.

Diese Sechs Kategorien sind:

1. Spielentscheidende Einzelszenen

Hier werden, wie der Name schon sagt, besonders schwerwiegende Entscheidungen noch einmal gesondert behandelt und auch gewertet. Aufgrund der Wichtigkeit dieser Entscheidungen sind alle Kriterien hier mit dem Faktor 3 bewertet. Zu den spielentscheidenden Szenen zählen

  • Strafstöße gegeben/nicht gegeben
  • Feldverweise gegeben/nicht gegeben
  • Tore anerkannt/aberkannt

Das ist die Kategorie, wo man tendenziell am meisten verlieren kann als Schiedsrichter. Hier ist nämlich nicht nur der Faktor mit drei sehr hoch, sondern eine Fehlentscheidung, also z.B. ein zu unrecht gegebener Elfer oder ein anerkanntes Tor, das nicht hätte zählen dürfen, führen dazu, dass das Kriterium direkt mit 1 bewertet wird. Der Abzug ist also 3 (von 4 auf 1) mal 3 (Faktor 3) Punkte. Insgesamt neun Punkte Abzug. Hinzu kommt, dass eine Szene, die in Kategorie 1 gewertet wird, mindestens noch in einer anderen Kategorie gewertet werden muss. Es bliebt also nicht bei den neun Punkten Abzug, sondern es kommen oft noch weitere Abzüge hinzu. Um das zu verbildlichen ein Auszug aus meiner letzten Beobachtung:

Der Schiri hat einen für mir sehr klaren Strafstoß wegen Halten am Trikot nicht gegeben. Daher bin ich hier im Kriterium Strafstöße auf die Note 1 gegangen, was ihn netto am Ende neun Punkte kostet.

Da es sich bei dem übersehenen Vergehen um ein Halten, also ein Vergehen im Bereich des Oberkörpers gehandelt hat, musste ich auch hier einen Abzug vornehmen. Und weil es eben eine schwerwiegende Fehlentscheidung war, auch hier direkt auf Wertung 1. Da die OKV nur einen Faktor von 1 haben, kostet es hier weitere drei Punkte netto. Das sind somit schon zwölf Punkte für eine Fehlentscheidung.

Ich könnte die Szene sogar noch in einem dritten Kriterium werten, das habe ich in diesem Fall aber nicht gemacht, da mir der Abzug insgesamt ausreichend erschien.

2. Spielleitungsqualität und Spielverständnis

Diese Kategorie setzt sich noch aus den Unterkategorien „Spielverständnis“ und „Zweikampfbewertung“ zusammen. Hier wird z.B. beurteilt, ob der Schiedsrichter angemessen auf den Spielcharakter reagiert hat, inwiefern er ggf. seine Linie angepasst hat, wenn das Spiel es verlangt hat (z.B. ein bisschen kleinlicher pfeifen, wenn das Spiel droht, sonst aus der Bahn zu laufen). Zu Spielverständnis zählen auch Vorteil und Antizipation sowie der richtig gewählte Eingriffszeitpunkt. Die Zweikampfbewertung ist noch einmal aufgeteilt in Fuß- und Oberkörpervergehen sowie Handspiel, Simulation und Spielfortsetzungen, also ob er auch immer die korrekte Spielfortsetzung gewählt hat.

3. Disziplinarkontrolle

Auch das eine sehr wichtige Kategorie. Hier werden die persönlichen Strafen, also Karten, eingeordnet. Neben den korrekten gelben, gelb-roten und roten Karten wird hier auch bewertet, wie diese präsentiert wurden und wie der Schiedsrichter Ansprachen und Ermahnungen gesetzt hat. Auch dazu ein Beispiel aus einer vergangenen Beobachtung:

Hier hat der Schiedsrichter im Gegensatz zum Kollegen von oben gut und richtig gehandelt. In einer Szene war zu entscheiden, ob es eine Notbremse war oder nicht und er lag imo richtig. Da hier eine gewisse Komplexität in der Situation war, ist das dann auch mit einer Aufwertung zu belohnen.

Leitfaden sagt bei schwieriger Abgrenzung DOGSA oder SPA auf die 5, also werte ich die Kategorie „Verwarnungen angemessen“ mit 5. Bei einem Faktor von 2 bringt diese Aufwertung dem Schiri also netto 2 Punkte aufs Konto. Dazu hat der Kollege im Beispiel noch eine Rudelbildung gut aufgelöst, was immer anspruchsvoll ist und dafür ebenfalls eine Aufwertung von mir bekommen.

4. Persönliches Auftreten

Die Kategorie für die „Soft Skills“. Wie kommuniziert er mit Spielern? Wie berechenbar ist er? Verhält er sich manchmal besonders clever oder doof? Setzt er Entscheidungen auch gegen Widerstände glaubhaft durch? Solche Sachen. Hier hat fast alles den Faktor 1, weil es für die gesamte Spielleitung nicht das Wichtigste ist, aber eben doch ein bisschen ins Gewicht fallen soll.

5. Fitness und Stellungsspiel

Kondition, Geschwindigkeit im Sprint, Dynamik, etc. Hier lege ich natürlich bei einem jungen Schiri, der gerade frisch aufgestiegen ist, einen ganz anderen Maßstab an als bei einem fast 40 jährigen, der Situationen ganz anders löst. Aber laufen können muss jeder. Diese Abzüge sind auch vergleichsweise schwerwiegend. Beim Stellungsspiel wird nochmal unterschieden zwischen Stellungsspiel im laufenden Spiel, also wie sich der Schiedsrichter positioniert um dem Spiel folgen zu können und sich möglichst immer in eine gute Position bringt, um alles bestmöglich bewerten zu können, und Stellungsspiel bei Standardsituationen. Da gibt es eigentlich klare Vorgaben, wo man wann zu stehen hat, daher muss man da als Beobachter selten was abziehen.

6. Teamarbeit

Hier fließt die Zusammenarbeit mit den Assistenten ein. Das finde ich persönlich immer relativ schwierig zu beurteilen, weil zur Teamarbeit ja immer zwei gehören. Deshalb bin ich hier eher zurückhaltend was Auf- und Abwertungen angeht.

Am Ende steht dann, je nachdem wo der Schiri gut oder schlecht war und wo der Beobachter auf- oder abgewertet hat, eine Schlussnote, die er für dieses Spiel bekommt. Ich glaube die schlechteste, von der ich bisher gehört habe, war eine 203. Die beste eine knappe 260. Die Ansage ist eigentlich immer „wenn du die 240 vom Einstieg nach Hause bringst, dann kann dir am Ende der Saison nix passieren“. Der Schnitt liegt glaube ich aktuell in Hessen so um die 241, was in meinen Augen aber auch der viel zu engen Beziehung zwischen Beobachtern und Schiedsrichtern geschuldet ist. Mein persönlicher ist so um die 237 aktuell.

Je nach Liga und Alter hat ein Schiedsrichter in Hessen pro Saison 3-6 Beobachtungsspiele. Aus diesen Noten wird dann ein Schnitt errechnet und es gibt eine Tabelle. Und dann steigen in der Theorie die besten auf und die schlechtesten ab. Weil aber das Argument „Perspektive“ aka Alter leider viel zu sehr gewichtet wird in den Gremien, ist man ab einem gewissen Alter „unaufsteigbar“. Leider. Bei uns sind letzte Saison die SR 1, 5 und 9 aus dem Ranking der Region auf die Verbandsliste aufgesteigen, weil alle anderen dazwischen „keine Perspektive nach oben“ mehr hatten.

Damit ihr mal so ein Gefühl dafür bekommt, welche Note was wert ist: mit 239 Durchschnitt ist man in allen hessischen Ligen abgestiegen letzte Saison. Für den Aufstieg waren je nach Liga 243 bis sogar 244 Punkte im Schnitt nötig. Wenn man sieht, dass ein einziger falscher Elferpfiff dich über 10 Punkte kostet, dann ist das natürlich fatal. Soll aber natürlich auch so sein. Aber theoretisch bedeutet das auch: wenn ich jedes Spiel auch nur ein Foul übersehe und nix zählbares auf der Habenseite verbuchen kann, dann steige ich ab. Da ist der Druck schon groß, selbst in Liga 5-7.

Für die Schiris kommt erschwerend hinzu, dass du nicht in jedem Spiel auch zwingend eine gute Note holen kannst. Es gibt sogenannte „Verliererspiele“, wo es einfach keine besonders komplexen Szenen gibt mit denen du dich auszeichnen kannst. Da musst du dann echt einfach schauen, dass du deine 240 heim schaukelst und vielleicht nen Beobachter hast, der weiß, dass das ein undankbares Spiel war und dir ne kleine Mitleidsaufwertung für die Gesamtnote gibt.

Ach so, Thema Punkteschnitt und Ranking noch: in der Bundesliga gibts das nicht mehr. Da wird nicht sportlich auf- und abgestiegen. Warum weiß ich auch nicht, aber ist leider so.

31 „Gefällt mir“

Finde den Punkt eigentlich ziemlich verrückt, wenn man überlegt, dass der Beobachter von außen eine Szene besser bewerten soll, als der Schiedsrichter selber mit gutem Stellungsspiel.

Also in deinem Beispiel ist es vielleicht noch klar: Ein Halten am Trikot ist auch von Außen relativ einfach zu erkennen. Aber gerade bei Kontakt am Fuß ist es für den Beobachter aus manchen Winkeln doch unmöglich zu beurteilen, ob der Schiedsrichter hier richtig entschieden haben soll oder nicht.
Beispiel: Angreifer dribbelt auf der gegenüberliegenden Seite vom Beobachter quer in den Strafraum, Verteidiger ist leicht kreuzend, Angreifer kommt zu Fall. Schiedsrichter steht perfekt und sieht: Kein Kontakt, Schwalbe. Angreifendes Team beschwert sich, belagert den Schiedsrichter und will Elfmeter haben.
Wie will man später als Beobachter dem Schiedsrichter verkaufen, dass man die Szene besser gesehen haben will? Oder wird bei solchen 50/50 Entscheidungen ein Auge zugedrückt und nur die Szenen, die der Beobachter klar und deutlich anders gesehen hat werden bewertet?

10 „Gefällt mir“

Zumindest die Schiris haben in Deutschland erkannt, dass die beste Note die 6 sein muss und nicht die 1. :bart:

1 „Gefällt mir“

Am Ende ist der Schiedsrichter der Bewertung des Beobachters ausgesetzt, genauso wie die Spieler es dem Schiedsrichter sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch ein Beobachter mal etwas falsch sieht und einen ungerechtfertigten Abzug tätigt.

Ich persönlich gehe an so große Szenen nur ran, wenn ich mir zumindest ziemlich sicher bin, dass ich richtig liege. Oft kann man es ja gar nicht wirklich sehen, wenn man z.B. auf der anderen Seite des Sportplatzes steht. Dann hat der Schiri im Zweifel halt Glück gehabt. Es gibt aber auch Beobachter, die haben zu jeder Szene eine Wahrnehmung, egal wie Scheiße die auch sein mag, und nach der gehen sie. Und wenn die dann aus 60 Metern was anders gesehen haben als du aus 5, dann biste halt dran.

Mittlerweile ist das aber durch Videotechnik auch gerechter geworden. Ab Liga 7 hat eigentlich jeder Verein eine Veo am Spielfeldrand und gibt die Bilder zu strittigen Szenen an den Beobachter raus. Dann kann ich mir nochmal ein Bild davon machen, ob ich wirklich richtig liege, bevor ich einen Abzug mache. Das hatte ich tatsächlich auch schonmal. Da hat eine Schiedsrichterin ein Foul gepfiffen und für mich den falschen Spieler verwarnt. Sie war sich aber sicher, dass der auch das Foul gemacht hatte, ich habe gesagt es war ein anderer. Also Video vom Verein besorgt und siehe da: sie hatte recht. Von meiner Position konnte man es aber wirklich gar nicht richtig sehen bzw. der Bewegungsablauf diverser Spieler war genau so, dass man es so wahrgenommen hat, als hätte der andere Spieler das Foul gemacht.

Leider machen von diesem Video auch nicht alle immer gebrauch. Es gibt auch da die 70 jährigen Gerhards, die einfach sagen „das hab ich so gesehen und basta“.

2 „Gefällt mir“

Dieses Bewertungssystem ist auch so wunderschön und random umgesetzt.
Standard ist 4, nach unten kannst du also -3 machen, nach oben nur +2. Die Abhängigkeit vom Beobachter und vom Spielverlauf wurde auch schon angesprochen. Dazu werden 3-6 Spiele bewertet, keine richtig gute Stichprobe. Also jederzeit sehr viel zu verlieren, gewinnen kann man kaum.
Hört sich wirklich nach einem Plan an den die 70 jährigen Gerhards sich Sonntagnachmittag überlegt haben. :hardlove:

Wenn dann müsste man doch lieber weniger Spiele aber dafür von mehreren Beobachtern gleichzeitig anschauen lassen. Damit die Bewertung eben halbwegs objektiv wird und man die einzelnen Berichte vergleichen kann.

Interessant wäre es auch wenn die jeweils beteiligten Teams im Nachhinein eine Bewertung abgeben könnten. Bei strittigen Spielen wäre das natürlich hart, andererseits profitiert von jeder (vermeintlichen) Fehlentscheidung immer auch der Gegner. Außerdem könnte man ja eine Bewertung einbauen wie sehr die Teams das Spiel als strittig ansehen, und solche Spiele dann am Ende aus der Bewertung raus nehmen.
Jedenfalls hätte man dann über die Saison ein viel, viel besseres Averaging und eine Scheißbewertung fällt nicht so stark ins Gewicht.

2 „Gefällt mir“

Wofür stehen diese Abkürzungen?

Wie transparent werden die Bewertungen innerhalb der Schiedsrichter gehandhabt, habt ihr da ständigen Einblick oder läuft das eher wie eine Zeugnisvergabe in der Schule, bei der am Saisonende die Durchschnittswerte und Auf-/Abstiege bekanntgegeben werden?

DOGSO steht für Denial of an obvious goalscoring opportunity und SPA für stopping a promising attack.

Erstmal kennt jeder nur seine eigenen Noten. Die Schiris sind aber ganz gut vernetzt, wenn also einer komplett gefällt wird oder ne besonders gute Note holt, dann spricht sich das rum.

Am Ende der Saison gibt es dann ein öffentliches Ranking mit Namen und Notenschnitt.

1 „Gefällt mir“

danke für den interessanten einblick! und wie schnell bist du persönlich jetzt aufgestiegen? du hast ja relativ spät mit dem „schiedsen“ angefangen oder?

Fließt mit ein, wenn der Schiedsrichter sich nicht durch Gepöbel von Außen beeindrucken lassen hat? Bzw. andersrum gefragt, kann man als Zuschauer durch Zwischenrufe dem Schiedsrichter das Spiel auch schwerer machen und er sich so eine bessere Bewertung holen, wenn er souverän agiert?

Der Mob war nämlich am Wochenende wieder gut in Form und ich war schon öfter hinterm Tor. Schiedsrichter und der Assistent direkt an der Seite hören bereits bei normaler Lautstärke jedes Wort, was aus dem Block kommt. Muss anstrengend sein dort 90 Minuten an der Linie zu stehen.
Davon mal ab, dass das „Foul“, welches am Ende für Gelbrot reicht, für mich eher keins war.

Bei uns ist es tatsächlich die Regel, dass ausgediente Schiedsrichter dann später zu Beobachtern werden - die 70-jährigen Gerhards halt. Und nach unzähligen Jahren als Spieler und nun als Trainer kennt man diese natürlich alle, die meisten eben noch aus ihrer aktiven Zeit an der Pfeife. Und dieses System ist insofern lächerlich, als dass dort teilweise junge und vielversprechende Leute bewertet werden von Schiedsrichtern, die selbst an der Pfeife meist den letzten Driss verzapft haben. Die stehen dann irgendwo an der Eckfahne mit katastrophal schlechter Sicht auf den gesamten Platz, quatschen nebenbei mit den 70-jährigen Gerhards vom Verein, haben ihr kleines Notizbuch dabei und sind dann verantwortlich für die Einsortierung junger Schiedsrichter, die heute schon besser und angesehener sind als sie es in vielen Fällen je waren.

Ich habe selbstredend nie Einsicht in solche Beobachtungen bekommen, unsere Schiedsrichter weisen uns im Vorfeld aber immer darauf hin und bitten die Teams um ihre Mithilfe. Ganz sicher ist auch das eine Frage des Ehrenamts und der Bereitschaft Beobachter zu finden. Ich weiß auch nicht, was man für eine solche Beobachtung an Spesen bekommt und ob sich das ähnlich zur Schiri-Aufwandsentschädigung erhält. So wie es bei uns jedoch in vielen Fällen gelebt wird, ist das Ganze aber extrem willkürlich und oftmals auch einfach schade für jüngere Schiri-Talente.

Ich bin tatsächlich sehr spät Schiri geworden, da war ich schon 31. Das ist natürlich viel zu spät, um als Schiri noch wirklich nennenswert aufzusteigen. Ich habe dann auf Kreisebene relativ schnell die höchste Liga (Kreisoberliga) erreicht, da war ich dann glaube ich 33. Realistisch war das auch das absolute Maximum was noch geht, wenn man so spät noch Schiri wird. Ich hatte dann das Glück, dass ich aus dem Kreis Offenbach in den Kreis Limburg-Weilburg gewechselt bin. In Offenbach gibt es über 300 Schiris, darunter etliche junge Talente, die nach oben drängen und entsprechend gefördert werden wollen. Und da die Anzahl der Förderplätze begrenzt ist, wird ein 18-jähriger da natürlich einem 33-jährigen immer vorgezogen. Der Kreis Limburg-Weilburg wurde die Jahre vor meinem Wechsel wirklich bodenlos schlecht geleitet, hat ewig keine Neulinge ausgebildet, etc. Dementsprechend war da eine ganz andere Alterstruktur und es gab nicht nur keine Talente, sondern schlicht auch keine bzw. wenige Schiedsrichter, die auf meinem Level waren, ohne da überheblich klingen zu wollen.

Deshalb hatte ich hier dann nochmal die Möglichkeit, in den Regionalkader der Region Wiesbaden zu kommen. Dort war ich dann als Schiedsrichter in der Beobachtung für den Aufstieg in die Gruppenliga (7. Liga) und war als Assistent für die Hessenliga (5. Liga) qualifiziert. Leider hat mir dann Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Saison wurde ohne Auf- und Absteiger im Schiribereich abgebrochen. Als es dann nach Corona geregelt weiter ging, war ich über 35 und damit schlicht zu alt. Auch wenn es offiziell keine Altersgrenze mehr gibt, ist das in der Praxis die Grenze, über der sie dich einfach nicht mehr nach oben lassen.

Der Regionalbeauftragte hielt aber offenbar etwas auf mich, denn er hat mich dann angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, Beobachter zu werden. Es ist eigentlich relativ untypisch, dass jemand, der selbst nie besonders hoch gepfiffen hat, dann in höheren Ligen als Beobachter dient, aber ich habe es als Kompliment genommen und gerne zugesagt. Nach zwei Jahren als Beobachter in der Gruppenliga habe ich dann dieses Jahr auch die Qualifikation für die Verbandsliga (6. Liga) bekommen. Das ist schon relativ anspruchsvoll und da ist die Qualität unter den Schiris schon sehr gut, deshalb macht das auch echt Spaß. Als offizieller Beobachter bekomme ich 25 Euro plus Fahrtkostenerstattung (30 Cent pro km) pro Einsatz. Also wirklich nicht viel und weniger als der Schiedsrichter selbst.

Also wenn eine wirklich durchgehend feindselige Athmospähre entsteht, die das Spiel für den Schiri spürbar erschwert, dann kann ich das durchaus mit dem ein oder anderen Zusatzpunkt honorieren. Pauschal gibt es da aber keine Aufwertung für.

Bei uns gibt es wirklich offizielle Beobachtungen erst ab Liga 8 (für vier Schiedsrichter im Kreis) bzw. Liga 7. Darunter versuche ich als Verantwortlicher für das Lehrwesen aber auch, vor allem die Nachwuchsschiris regelmäßig begleiten und vor allem coachen zu lassen. Dabei geht es mir weniger darum, sie zu bewerten, sondern viel mehr darum, dass sie sich entwickeln können und dabei ein bisschen begleitet werden. Das kann ich natürlich alleine nicht stemmen, daher brauche ich da Unterstützung von fähigen und willigen SR-Kollegen. Da melden sich natürlich oft die Gerhards, weil die als Rentner oft viel Zeit haben und hier eine Möglichkeit sehen, sich einzubringen. Das ist für mich ne schwierige Situation. Zum Einen ist es natürlich super, wenn Leute sich engagieren wollen, aber auf der anderen Seite halte ich es nicht für optimal, wenn ein 13-jähriger Nachwuchsschiri von einem 70-jährigen gecoacht wird, der einfach eine ganz andere Sprache spricht und gar nicht versteht, dass sich die Gesellschaft und die Anforderungen an einen SR verändert haben.

9 „Gefällt mir“