Ihr habt Glück, durch Starkregen in Österreich fällt die Wanderung heute etwas kürzer aus. Das heißt wir können nochmal gemeinsam auf die Gruppenphase zurück- und auf die morgen beginnende KO Runde vorausschauen.
Die Gruppenphase
Hach, das war ein Fest. Das Turnier hielt wirklich, was es verspricht. Einige grandiose Spiele wie Litauen-Deutschland oder Frankreich-Slowenien werden wahrscheinlich so schnell nicht mehr vergessen werden.
In Gruppe A gab es nicht viele Überraschungen. Spanien setzt sich erwartungsgemäß in dieser schwachen Gruppe durch, mit der Türkei knapp dahinter.
Bei Spanien ist das Spiel der Guards wirklich fast noch schlimmer als erwartet. Dadurch spielen sie wirklich einen recht strikten, organisierten Stil der eigentlich recht untypisch ist. Schlüsselspieler dadurch auch Willy Hernangomez da viel über die großen Positionen gelöst wird, mit 15 Punkten pro Spiel Topscorer.
Die Türkei ist da schon um einiges wilder. Hier tut der Ausfall von Shane Larkin definitiv weh, der sich erst noch 2 Spiele durchgequält hat und nun für den Rest des Turniers ausfällt. Mit Sengun und ihm hatte das Potenzial, zumindest offensiv sehr interessant zu sein. Jetzt hat man keinen wirklichen Point Guard mehr und wird wahrscheinlich noch mehr die Kreativität eines Sengun in Anspruch nehmen, mit Unterstützung von Korkmaz und Cedi Osman. Gerade die letzteren beiden müssen sich da aber nochmal steigern für.
Ansonsten sehr Schade das es für Bulgarien nicht gereicht hat. Olympiakos Power Forward Vezenkov hat alles versucht es zu verhindern, aber der Rest des Kaders ist einfach zu weit von dem Niveau entfernt. Er beendet die Gruppenphase aber zumindest als 2. beste Scorer des Turniers mit 26.8 Punkten pro Spiel, im 50-40-90 Club und 12 Rebounds(1. im Turnier). Ein unglaublicher Spieler und weiterhin sehr Schade, das er sich dieses Jahr gegen ein Engagement bei den Kings entschieden hat.
Montenegro hat seine Pflichtaufgabe mit 3 Siegen gegen Belgien, Bulgarien und Georgien erfüllt. Als 4. schlechteste Offensive im Turnier, immerhin. Da dürfte das Turnier am Samstag wohl vorbei sein. Da kann man gerne ein Auge auf Bojan Dubljevic werfen, der gegen die deutschen Center sicher eine gute Partie machen dürfte in der Offensive. Aber Guard Kendrick Perry, der andere Schlüsselspieler, ist da eigentlich auch keine Rede wert.
Belgien profitiert vom schwachen Auftritt der Georgier, die als Ausrichter nicht nur spielerisch enttäuschen. Leere Hallen, die Prügelei mit den türkischen Spielern und die verschwörerischen Theorien darum waren schon sehr peinlich.
Bei Belgien überzeugt vor allem Guard Retin Obasohan. Der ehemalige Bamberger gibt nächstes Jahr für ASVEL sein Euroleague Debüt und hat schon einmal gezeigt, das er sich auf dem Niveau durchaus wohl fühlt.
Größte Überraschung war hier sicher der 10 Punkte Sieg der Belgier über die Spanier, was zeigt wie eng die Spitze dieser eigentlich schwachen Gruppe dann doch zusammen war. Ich denke, hier wird es für die Gruppe B einen Sweep geben. Selbst Bosnien hätte ich hier eine Chance auf den Gruppensieg gegeben.
Was eine Geschichte!
Auch wenn das bisher nur die Vorrunde war, kann man das jetzt schon als eines der größten Leistungen der deutschen Basketball-Geschichte nennen. Es ist ja nicht so das man sich hier irgendwie durchmogelt: Frankreich wurde dominiert, Bosnien hat man in der 2. Hälfte keine Chance mehr gelassen, Litauen wurde in einem der besten Spiele der letzten Jahre niedergerungen. Wenn da bloß nicht dieser Wermutstropfen Slowenien wäre.
Die verlieren also wirklich nur gegen Bosnien und das einzig und allein durch Luka. In der Form, ist er einfach der beste Basketballer der Welt. Vor allem wenn er so eine Hilfe von seinem Supporting Cast bekommt: Insgesamt 4 Slowenen scoren zweistellig hinter Lukas 26 Punkte pro Spiel. Vor allem Vlatko Cancar von den Nuggets, der letztes Jahr lange ausfiel wegen einem Fußbruch, macht das stellenweise überragend. Sie spielen ein Lineup mit ihm, eigentlich Small Forward, als Center und dann 5-Out. Das ist einfach nicht zu verteidigen und was ihnen an Größe fehlt machen sie mit Rotationen und Einsatz in der Defense wieder wett. Die Spiele gegen Deutschland und Frankreich haben für mich ihren Favoritenstatus bestätigt, auch weil Luka diese genutzt hat um sich richtig in Form zu spielen.
Zu Deutschland habe ich ja einzeln schon recht viel pro Spiel geschrieben. Nur noch so viel: In dieser Gruppe beendet man die Gruppenphase als 3. beste Offensive. Und dabei würde niemand abstreiten, das man zum Beispiel das Spiel gegen Frankreich vor allem mit der Defensive gewonnen hat. Ein wirklich spektakulärer Auftritt. Als Gastgeber hat man sich auch sehr gut präsentiert: Gute Stimmung, volle Hallen, organisatorisch wohl alles sehr gut gelaufen.
Frankreich könnte in der KO Runde unangenehm werden, die wurden im Verlauf der Gruppenphase immer besser. Großes Manko hier leider der Coach, der teilweise furchtbare Lineups auf den Court bringt mit einem 2. Center neben Gobert. Und das fehlende Guard Spiel hat ihnen im Duell mit Slowenien den Sieg gekostet. Heurtel ist da einfach zu wild und schafft es nicht, 20 Minuten ohne großen Schaden eine Offensive zu organisieren. Hier hätte ich mir mehr von einem Okobo erhofft, der in der Euroleague da einen viel besseren Job gemacht hat. Größte Überraschung für mich ist Gobert, der immer wieder gezwungen wird von Team offensive Entscheidungen zu treffen und das stellenweise überragend macht. Ein großer Faktor für den schönen Teambasketball, den man ab Spieltag 2 gezeigt hat.
Für Litauen wurde es erstaunlich eng am Ende. Hier ist die größte Enttäuschung wohl Sabonis, der wirklich klägliche Auftritte vorzuweisen hat. Defensiv viel zu langsam, offensiv weiß er neben Valancunias einfach nichts mit sich anzufangen. Von einem NBA Allstar muss man bei so einem Turnier einfach mehr erwarten als seine 12 Punkte und 7 Rebounds pro Spiel. Der Wurf fällt überhaupt nicht und von seinen Playmaking Fähigkeiten die er in der NBA zeigt ist hier auch nicht mehr viel übrig. Das hätten sie definitiv gebrauchen können, gerade Jokubaitis schien da oftmals etwas überfordert zu sein.
Zu Bosnien nur ein paar Worte: Dzanan Musa ist so ein unfassbarer Spieler. 21 Punkte pro Spiel bei 62% aus dem Feld ist schon irre, vor allem weil jeder wusste das er die Nummer 1 Option in der Offensive ist und rundherum nicht viel Hilfe vorhanden ist. Ich freue mich echt drauf ihn nächstes Jahr bei Real Madrid zu sehen, kann mir aber auch vorstellen das er bald wieder in der NBA landet.
Griechenland Spiele liefen beinahe alle gleich ab: Sie legen stark los, Giannis kommt auf die Bank, der Gegner macht einen Lauf um die 10-15 Punkte, Giannis legt eine Schippe zu und sie gewinnen die Partie. Mit 4 gegen Kroatien gewonnen, mit 4 gegen Italien gewonnen, gegen die Ukraine brauchten sie 41 Punkte von Giannis um am Ende mit 20 Punkten Vorsprung zu gewinnen, nachdem sie erst lange zurückgelegen haben.
Neben Giannis(mit 29.5 Punkten Topscorer des Turniers) ist der einzige konstantere Helfer Tyler Dorsey, der absolut heiß läuft von der Dreierlinie. Wer ihn aber kennt weiß auch, das dies sehr wahrscheinlich nicht so bleiben wird. Calathes hat extreme Schwierigkeiten, Sloukas hatte ein richtig gutes Spiel und war sonst blas und der Rest der eigentlich guten Rollenspieler taucht nicht wirklich auf. Am Ende können sie sich halt auf Giannis verlassen, der schon zuverlässig seine 30 Punkte macht. Hat der aber mal einen nicht so guten Tag oder ist, wie jetzt gerade, angeschlagen kann es schon mal eng werden. Hoffen wir mal, das dies im Viertelfinale so weit sein wird.
Die Ukraine ist die große Überraschung des Turniers und die hatte ich wirklich absolut nicht auf dem Schirm. Angeführt vom ehemaligen Laker Sviatoslav Mykhailiuk und mit Unterstützung von Alex Len spielen sie wirklich ein sehr starkes Turnier. 7 Spieler sind in der Ukraine aktiv, einer in Lettland, 2 in der ACB und 2 NBA Borderliner und setzen sich am Ende also gegen Italien und Kroatien durch. Angesichts der politischen Lage auch eine sehr schöne Geschichte.
Kroatien und Italien kann man zusammenfassen: Angeführt von einem Utah Jazz (Bogdanovic; Fontecchio) macht man nicht mehr als nötig, sich für die nächste Runde zu qualifizieren. Bei Italien macht zumindest die gute Leistung von Achille Polonora wieder Mut, der kein gutes letztes Jahr hatte. Und bei Kroatien setzt Jaleen Smith immer wieder Akzente. Aber bei beiden fehlt einfach das gewisse etwas, um hier im Turnier noch große Ausrufezeichen zu setzen.
Bei Kroatien enttäuscht vor allem ehemaliges NBA Meme Hezonja, der sich eigentlich in den letzten Jahren wieder gefangen hat in Europa und nun sogar zu Real Madrid wechselt. Aber 28% von der Dreierlinie bei 5 Versuchen pro Spiel grenzt eher schon an Sabotage.
Das Projekt GB ging mal wieder nachhinten los. Seit Jahren versucht man in Europa, den Basketball nach England zu bringen in der Hoffnung etwas vom Geld der Fußballer abzubekommen. Nächstes Jahr hat man mit den London Lions erstmals ein Team im 2. höchsten Wettbewerb, aber das Turnier hier zeigt das man davon noch weit entfernt ist im europäischen Nationalmannschaftsbereich mitspielen zu können. Vielleicht das größte Beispiel für ein Pro-Argument einer potenziellen Verkleinerung des Turniers.
Serbien ist so eine Maschine. Während Giannis und Luka sich gegenseitig mit Einzelleistungen übertrumpfen um ihre Teams zu tragen, läuft Doppel-MVP Jokic so entspannt nebenher und schraubt mal eben mit seiner Mannschaft die Gruppe auseinander. Mit 19 Punkten pro Spiel und 9 Rebounds sind seine Statistiken jetzt weit davon weg schlecht zu sein, aber es reicht eben auch so locker für den Gruppensieg.
Micic, Kalinic, Lucic, irgendein ein europäischer Topspieler hilft einfach immer. Ärgerlich ist jetzt der Ausfall von Nedovic für den Rest des Turniers. Nicht das er ein Schlüsselspieler war, aber man kann um einen Jokic nie genug gute Shooter haben. Und die Roster sind mit 12 Mann schon recht klein, da schmerzt jeder Ausfall.
Aber die Gruppenphase hat den Anspruch Serbiens auf den Titel nur unterstrichen, im Schnitt die Spiele mit +20 zu gewinnen ist eine Ansage. Das wäre dann Coach Pesics 3. Eurobasket Titel nach Deutschland 93 und Jugoslawien 2001. Vielleicht denkt er mit seinen 73 Jahren dann langsam mal ans Aufhören.
Finnland wird vor allem getragen von Markannen, der ein überragendes Turnier spielt mit 24 Punkten im Schnitt. Basketball kann so einfach sein: Ein dominanter Big Man, ein paar starke Shooter drum herum und einen Guard mit einem guten Drive und fertig ist Platz 2 in einer starken Gruppe.
Polen und Tschechien sind seit Jahren 2 Wundertüten. Nicht im Sinne von manchmal erfolgreich, manchmal nicht. Sondern eigentlich immer erfolgreich, man wundert sich nur wie. Bei Tschechien standen die Vorzeichen dieses Jahr besonders schlecht, da mit Satoransky ein Schlüsselspieler im Supercup gegen Deutschland raus musste. Aber dort gab es eine Wunderheilung und so verhilft er und Jan Vesely den Tschechen mal wieder zu einem starken Turnier. Überraschender Topscorer ist hier aber Vojtech Hruban, der bisher nur beim tschechischen Klassenprimus Nymburk im Einsatz war. Ich bezweifel aber mal, das da Real, Barca oder Efes anklopfen werden mit seinen 33 Jahren.
Polen kommt auch mal wieder mit starkem Coaching und einer geschlossenen Mannschaftsleistung daher. Hier gab es vor dem Turnier noch etwas Drama, weil Marcel Pontika seinem Bruder vorgeworfen hat Schuld zu sein an seiner Nicht-Nominierung. Auf dem Feld ist da aber wieder alles sehr harmonisch zwischen dem Rest: 4 Spieler im Schnitt zwischen 11 und 12 Punkten. Hervorheben kann man noch Center Aleksander Balcerowski, der mit 21 Jahren einer der Breakout Kandidaten des Turniers bisher ist. Vor allem gegen Israel war er sehr stark und wurde am Ende zum Man of the Match gewählt. Noch spielt er in Gran Canaria, mal sehen wie lange.
Israel war dagegen so ein wenig enttäuschend. Sie haben es wahrscheinlich geschafft als einziges europäisches Team nicht von seinen Alba Berlin Spieler zu profitieren. Gerade Guard Tamir Blatt, Sohn vom ehemaligen Cavs Coach David Blatt, kam hier gar nicht zur Geltung und spielte in den letzten beiden Spielen nur noch 7 Minuten pro Partie. Der gilt vor allem durch seine unkonventionelle Spielweise als einer der spannendsten jungen Guards in Europa, Israel hat sich aber für den Weg des Heroballs über Deni Avdija entschieden. Der legt zwar durchaus gute Zahlen auf, der Rest durfte aber meistens nur zusehen. Etwas Schade, denn eigentlich steckt in diesem Kader recht viel Talent.
Starting 5
PG- Luka Doncic
SG- Dzanan Musa
SF- Giannis
PF- Sasha Vezenkov
C- Nikola Jokic
6th Man- Maodo Lo
Das Bracket
Und da sieht man schon das Problem: Räumt man als deutsche Mannschaft Montenegro aus dem Weg, wartet Giannis. Hätte man Slowenien geschlagen, hätte man den Weg über Belgien und Ukraine/Polen ins Halbfinale gehen können. Anderseits hätte man nach einem Sieg gegen Griechenland große Chancen auf das Finale, da der Halbfinal Gegner wiederrum leichter wäre, während auf der anderen Seite Slowenien und Serbien aufeinandertreffen werden. Daher wäre es wirklich vorteilhafter 4. als 1. zu werden, so verrückt das ist.
Aber wenn die deutsche Mannschaft bisher eins gezeigt hat, ist es das nichts unmöglich ist. Was man gegen Griechenland tun muss, schauen wir uns nach dem Spiel gegen Montenegro aber nochmal genauer an. Nicht das wir hier noch irgendetwas jinxen am Ende.