Letztendlich führt das doch nur dazu, dass die Ränder des Parteienspektrums stärker werden. Ob das für die Demokratie so gut ist? Mit der BSW hätte man dann schon 6 Parteien im Parlament. Falls die Linke nochmal über 5% landet ggfs. noch mehr.
Stabile Mehrheiten und Regierungen werden somit immer schwieriger, unter diesen Voraussetzungen sind ja kaum noch Zweier-Koalitionen möglich. Selbst 'ne GroKo wird dann nicht mehr möglich sein. Und wie schwer sich Koalitionen mit mehr als zwei Parteien tun, sieht man ja an der aktuellen Regierung. Und das sind ja grundsätzlich alles sehr gemäßigte Parteien aus der Mitte. Mit dieser Wahlprognose da oben wären ja überhaupt nur noch Unionsgeführte Dreierkoalitionen möglich. Ich befürchte da mittelfristig echt italienische Verhältnisse. Am Ende spielt das nur den Populisten und Demokratiefeinden in die Hände.
Sehe ich als Laie anders. Eine vielfältige Parteienlandschaft mit Teils auch konträren Positionen ist an sich erstmal nichts verkehrtes. Das gegenteilige Beispiel mit einer 2-Parteien-Kultur, wie in den USA, ist ja auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Es kommt immer drauf an was das für Gruppierungen dann sind und ob die in der Lage zur Zusammenarbeit sind.
Ich kann mir vorstellen, dass das BSW vielleicht die Partei sein könnte, die das Tabu, mit der AfD zu koalieren, bricht. Ich denke schon, dass diese zwei Parteien gerade bei den Landtagswahlen nächstes Jahr u. a. in Brandenburg leider einen beträchtlichen Anteil der Stimmen haben werden.
Die Angst vor Instabilitæt durch ein zersplittertes Mahrparteienparlament ist eine Folge davon, dass das als Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik Eingang in die Schulbuecher und das Allgemeinwissen gefunden hat. Ist aber vielleicht nicht zentrale Ursache des Aufstiegs der Nationalsozialisten gewesen.
Aus Norwegen kann ich berichten, dass ein Parlament mit derzeit 9 vertretenen Parteien plus einem direkt gewæhlten unabhængigen Vertreters durchaus voll funktionsfæhig ist.
In Norwegen ist es schon eine ganze Weile Usus, dess sich Mehrparteienkoalitionen bilden, oder wie in der derzeitigen Konstellation eine Zweierkoalition als Minderheitenregierung regiert. Dann werden eben Mehrheiten entsprechend der verschiedenen Themen beschafft. Mal von links, mal von rechts. Fuehrt aus meiner Sicht sogar dazu, dass sich mehr Wæhler repræsentiert fuehlen, weil man expliziter eine Partei entsprechend eigener Præferenz wæhlen kann und diese dann auch versprochene Politik besser durchsetzen kann (wenn sie entsprechende Mehrheiten findet oder Kompromisse eingeht).
Man muss nur einen Modus der Zusammenarbeit finden, in dem man nicht permanent versucht, sich auf Kosten seiner Koalitionspartner zu profilieren (:uLindner: ).
Edit: zB gibt es derzeit drei Parteien, die sich die Umwelt auf die Fahnen geschrieben haben:
MDG, als neue Gruene Partei, die blockunabhængig ist
Venstre, eine øknomisch liberale Partei, die aber Umweltschutz im Sinne der Freiheit fuer zukuenftige Generationen verfolgt
SV, eine sozialistische Partei, die Umweltschutz und die Belange der „kleinen Leute“ vertritt
(und noch KRF, eine christliche Partei, die in den meisten Fællen auch pro Umweltschutz abstimmt, da „Schøpfung bewahren“, sich aber nicht als gruen definiert)
=> fuer jede/n, der/die Umweltschutz will ist was dabei.
Noch als Beispiel, allerdings auf lokaler Ebene:
In Oslo hat MDG, quasi die norwegischen Gruenen, jetzt acht Jahre mitregiert und eine Auto-feindliche, Fussgænger- und Fahrradfreundliche Politik gefuehrt. Als eine der letzten Politiken hat sie im Sommer den Preis fuer das Nahverkehrsmonatsticket um fast die Hælfte gesenkt.
Jetzt wurde gewæhlt, MDG und die Sozis wurden abgewæhlt.
Die neue Stadtregierung besteht jetzt aus Høyre und Venstre, zwei liberale Parteien, wovon die eine (V) aber gleichzeitig auch gruen ist. Diese haben aber nur eine Minderheit, sind also auf die Unterstuetyung einer weiteren PAertei angewiesen. Diese Unterstuetyung kriegen sie jetzt von FRP, den rechtspopulisten, aber mit der Zusicherung, die „gruene“ Politik von MDG in Teilen fortsetzen zu kønnen. Sie kønnten ja sonst auch mit MDG zusammenarbeiten. Und das Hauptziel von FRP war es die „Autofeinde“ zu entfernen. Der niedrige Preis fuer das Monatsticket soll aber bleiben!
Alles super kompliziert, ich weiss.
Aber der Punkt ist: MDG wurde abgewæhlt, sinnvolle Politik wird aber fortgefuehrt, weil es immer auch andere Optionen gibt, und die Mehrheit der Parteien immer noch fuer die selbe Stadtentwicklung steht.
Wenn wir da endlich mal hinkommen könnten.
Beim derzeitigen Modell bleibt doch als einziger Hoffnungsschimmer, dass es nicht noch viel schlimmer werden kann, weil sich die Koalitionsparteien nicht einigen können.
Fun Fact des Tages:
Wusstet ihr, dass sich neben dem Wohnhaus des Faschisten Bernd Höcke seit Jahren eine Nachbildung des Berliner Holocaustdenkmals befindet?
Wenn das wirklich scheitert weil Wissing sich weiter quer stellt raste ich aus. Für jeden Mist wirft der das Geld zum Fenster raus, aber bei sowas sinnvollem stellt der Porschefahrerminister auf Stur.
Ich will das jetzt nicht groß rechtfertigen, aber kann die Gründe des Bundes schon verstehen.
Jeder Mist ist in der gesamten EU vereinheitlicht und von Lissabon bis Helsinki habe ich die gleichen Rechte bei Flugverspätungen oder kann mich darauf verlassen, dass der Wasserdruck in der Dusche genormt ist.
Nur beim ÖPNV sieht Deutschland aus wie eine Karte des Heiligen Römischen Reichs. Unzählige Verkehrsverbände, alle mit eigener Verwaltung. Extrawürste für Ballungsräume, Sondertarif für die Strecke von Hamburg nach St. Peter Ording, Cityticket mal inklusive, mal nicht, Überlappungen in den Schnittstellen der Verbände und verbilligte Tickets für die Zeit des Oktoberfests.
Diese Shitshow von einem Flickenteppich müsste man konsequent mit dem 49 Euro Ticket abschaffen, aber die Verbände und die Länder stellen sich dabei komplett quer. Städte haben Einnahmen aus ihrem Verkehrsnetz und haben jetzt Angst, dass diese durch ihren Anteil am bundesweiten Ticket geringer ausfallen. Ländliche Regionen befürchten, dass ihre Anbindung noch mieser wird, wenn in Zukunft nur noch pauschale Beträge kommen.
All diese Player haben jetzt die Hoffnung gehabt, ihre Strukturen voll aufrecht zu erhalten, während der Bund die Rechnung zahlt und die Differenz mehr als ausgleicht.
Aber die Leuten mit ihren Bullshit-Jobs verlieren dann doch ihre Arbeitsplätze, wenn man bspw. einfach den ÖPNV kostenfrei machen würde - und überhaupt, hätten wir dann ja überhaupt keinen unnötigen Markt mehr.
Da ist vieles richtig. Ich habe beruflich fast 5 Jahre im ÖPNV „Markt“ verbringen dürfen und es war von Projekt zu Projekt jedes mal wieder aufs neue ernüchternd.
Nicht nur diese schlimmes Strukturen, sondern auch Verhaltensmuster, Mut zu Innovationen oder alternativen ÖPNV Formen, wird gelebt wie im Mittelalter. (Aber der Bus fährt doch immer um 8:11 Uhr!!!) Das war wirklich sehr sehr abbauend.
Aber:
Städte haben Einnahmen aus ihrem Verkehrsnetz und haben jetzt Angst, dass diese durch ihren Anteil am bundesweiten Ticket geringer ausfallen
Stimmt meistens nicht. ÖPNV ist für Kommunen quasi immer ein Verlustgeschäft. Die Einnahmen sind eher ein kleiner Goodie.
Ich glaube allerdings nicht, dass sie das 49€ Ticket fallen lassen. Das wäre ein gefühlter politischer Selbstmord, wobei das im Verkehrsministerium ja irgendwie Tradition hat.
Würdest du das auch sagen wenn du in der Verwaltung von Verkehrsverbund XY arbeiten würdest?
Insgesamt ist es aber natürlich so.
Hab mir auch sofort das 49 Euro Ticket besorgt, das mit sogar noch zur Hälfte von meinem Arbeitgeber (aka Dienstherrn) als Jobticket subventioniert wird. Und auch wenn es durchaus Monate gibt, in denen ich es kaum brauche weil ich nur einmal in die Stadt gefahren bin und meine Dauerkarte für’n FC an Spieltagen auch zugleich Fahrschein ist. Ich will die Sache an sich unterstützen und irgendwie ist es im Kopf befreiend zu wissen, dass ich immer wenn ich wollte in den nächsten Bus oder die nächste Bahn hüpfen könnte.
Fand halt die Bullshitjob-Formulierung etwas krass.
Du redest ja nicht von irgendwelchen Managern sondern Leute im Büro oder der Fahrscheinkontrolle. Die finden es vielleicht ganz gut den Job gerade zu haben.
Ja, natürlich. Ist sicherlich auch nicht ganz so böse gemeint.
Dennoch sind’s dahingehend überflüssige Arbeiten, die einem ÖPNV-Betrieb per se nichts sinnvolles beitragen, außer ggf. das Meta-Thema Ticketierung zu erfüllen - und scheinbar dahingehend auch in einem unzureichenden Ausmaße, da es sich finanziell ja nicht selbst zu tragen scheint.
Wäre es nicht schöner, wenn ein Schaffner/Fahrbegleiter*In Zeit hätte für Hilfestellungen im Zug oder bzgl. Anschlüsse helfen könnte - anstatt einen sehr negativ behafteten Kontrolljob zu übernehmen?!
Geht es vor allem darum ein Einkommen oder einen Lebensinhalt zu haben?
Das wird eh eine der ganz großen Fragen mit AI und co.
Kriegen wir es hin, dass wir das gesamtgesellschaftlich nutzen? Also, wenn AI die generelle Effizienz um 30% erhöht, müssen wir dann alle 30% weniger arbeiten?
Wird natürlich nicht passieren in unserem System, aber dann wird’s in ein paar Jahren so richtig knallen.