Das Ganze auf die Spitze getrieben haben Stuart Kummer und Edgar Linscheid mit ihrer wunderbaren Persiflage. Da werden so ziemlich alle Klischees der Jugendhörspiele abgearbeitet, die drei Hauptakteure orientieren sich aber ganz eindeutig an TKKG und nicht, wie auf der Seite angegeben, an den drei Fragezeichen.
Kennt ihr die Ferienbande? Das ist nicht nur ne klasse Produktion sondern eben auch eine Persiflage auf TKKG. Die erste Folge gibts gratis auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=cILgMrJIga4
Und das selbe gibts auch für Die drei ???. Nennt sich die Die drei @@@ und ist auch wunderbar. Da gibts hier auf YouTube einen Kanal mit gar allen (sehr empfehlenswerten) Folgen: https://www.youtube.com/watch?v=xzjFPgzkoog
Zum Thema TKKG und deren moralische Bedenkenheit könnte ich sicher 20 Seiten schreiben.
Der Autor Stefan Wolf (Rolf Kalmuczak) war eben genau das wogegen unsere Generation und jüngere nun verstärkt angehen. Wir müssen uns vor allem einem bewusst sein: TKKG fußt in dem Deutschland der späten 70er und frühen 80er Jahren, aus der Sicht eines elitäres Schriftstellers, der in den 30ern geboren wurde. In einer Branche, die teilweise eben noch snobbistischer und verkalkter war.
Ein Verstaubtes Weltbild, das damals wie heute in der Hamburger Vorort-Villa als „normal“ vorzufinden ist.
TKKG ist mindestens chauvinistisch und faschistisch. Neben dem klassischen Rassismus (Jeder Italiener spricht gebrochenes Deutsch und arbeitet in einer Pizzeria und hat Kontakte zur Mafia), gibt es ja nicht nur Sexismus. Wobei der schon sehr bedrückend ist. (Deutsche) Mütter sind heiliger als unterm Hakenkreuz - aber nur so lange sie zu Hause für die Männers kochen und sich um die Kinder und den Haushalt kümmern.
Wobei das schlimsmte Zitat dazu bei den drei Fragezeichen zu finden ist. Da betitelt Bob ein Mädchen als Schlampe („Das ist vielleicht eine Schlampe“). Man kann zur Entschuldigung sagen, dass hier das Wort Schlampe sehr wörtlich genutzt wird, weil ein junges Mädchen in Unordnung lebt. Ich sehe hier aber das typische EUROPA-framing, das in den 80er Jahren in Hörspielen normal war und das sicherlich bei einigen in der Generation zur moralischen Verkümmerung und Aufbau eines fatalen Weltbilds beigetragen hat.
Bei TKKG sind Mädchen immer schwach und wehrlos. Gaby zB muss brav zurückbleiben und sich ums Essen kümmern. Essen für den fetten Klöschen! Igitt, der ist fett - er isst sehr viel! Immer. ER IST FETT - und natürlich doof und faul, …weil er fett ist! Aber Tarzan ist cool. Er ist der Führer der Jugendbande. Weil er dunkle Haare hat wird er manchmal für einen Ausländer gehalten. Das macht ihn sauer. Gut, dass der unsportliche und feige Hungerhaken Karl ihn dann analytisch beruhigen kann und dem „Dschungel-Tarzan“ für seine Kraft bewundert, mit dem er einen Penner auf die Fresse haut, weil dieser Systemversager kein zu Hause hat und es gewagt hat an einem Ort mit ihm zu sein.
Das Universum von TKKG ist verleitend für geistige Tiefflieger und heute einfach nur noch erschreckend. Ich habe öfter Reruns gemacht. Aus nostalgichen Gründen. Wenn man 10-12 Jahre alt ist fällt einem das gar nicht so auf. Die Produktionen sind ja hochklasig. Gute Sprecher (ausser Karl), gute Sounds, catchige Musik und die Sprache an sich geht da im guten Klang unter.
Die Reruns durch alle Folgen im höheren Alter (auch bis in Folge 200+) sind dann eher Besuche in der Kindheit und Blicke in eine Vergangenheit, die man dann mit anderen Augen sieht bzw anderen Ohren hört. Neben der fatalen Sprache gibt es etwas, was mich damals wie heute an TKKG gestört hat, obwohl meine Mutter mir das gerne mal vom Flohmarkt als Kassette mitgebracht hat oder ich 5 Mark vom Taschngeld für die Folgen ausgegeben habe: Die Verläufe sind unheimlich flach und endeten immer da, wo bei den drei Fragezeichen die Folgen eigentlich anfingen. Und ich konnte mich nie mit TKKG identifizieren, obwohl die aus einer deutschen Großstadt kommen waren sie mir ferner als die Fragezeichen aus Calfornia. Eben weil das Weltbild in TKKG gefühlt aus den 1930ern stammte.
Ich bin seit Langem in ein paar Hörspiel-Foren, wo eben viele aus der Kassetten-Kinder-Generation (zwischen 30 und 55 schätze ich mal) sind. Und ich behaupte es ist kein Zufall, dass der Ton dort ist wie er ist. Ich probiere es kurz zu umreisen: Ne Stimmung wie auf nem NPD-Parteitag. Klar sind nicht alle so - aber ne laute Masse.
Kassetten-/Hörspiele waren lange ein deutsch-deutsches Ding. Klar, so ist das auch quasi ein Alleinstellungsmerkmal deutscher Unterhaltungskultur. Aber eine ganze Generation wurde mit solchem Billigschund sozialisiert. Stefan Wolf verstarb vor langer Zeit und TKKGs Vorlagen sind mitterweile nicht mehr so krass, aber mindestens genauso irrelevant und langweilig.