(J)RPG- Von Monstern und Magiern

Gott, was für ein fehlgeleitetes Machwerk das FF7-Remake ist.

Was man dem Spiel zugute halten muss:

  • Ich mochte das Kampsystem anfangs nicht, aber wenn man es besonnen angeht, ist es akzeptabel und die Bosskämpfe machen auch Spaß
  • Grafik und allgemeiner Production Value sind hervorragend, sieht man mal von der schlechten Tonabmischung ab
  • Es ist sehr cool, das nostalgische Midgar in moderner Grafik und aus einer anderen Perspektive „frei“ zu erkunden
  • Die Charaktere, vor allem Jessie, Biggs und Wedge, die im Original eher dünne waren, profitieren von der ausführlicheren Erzählweise und Charakterisierung

Und das ist dann auch schon alles Positive, das ich dem Spiel abgewinnen kann. Die Kritikpunkte sind aber verheerend und haben dazu geführt, dass ich das Spiel nach ca. einem Drittel abgebrochen habe und mir den Rest der Story im Schnelldurchlauf per Youtube zu Gemüte geführt habe. Und verdammt, bin ich froh, das getan zu haben.

  • Das Spiel ist kein Remake. Das allein muss kein Kritikpunkt sein, aber das Spiel weiß auch nicht, was es sonst sein will. Die Änderungen, die gemacht wurden, sind auf ungelenkste Weise „meta“ und selbstreferentiell, dabei unsouverän erzählt. Mann, wenn ihr FF7 ändern und neu erzählen wollt, tut das doch, ohne euch dabei selbst zu erklären, und vor allem auf eine so ablenkende Weise. Peinlich, wie wenig Respekt und Verständnis fürs vorhandene Material hier gezeigt wird.
  • Neue, over-the-top Charaktere, die kein Mensch braucht.
  • Das Spiel ist gestreckt bis zum Geht-nicht-mehr: Die Sidequests sind Padding vom Feinsten.
  • Das minute-to-minute Gameplay außerhalb der Kämpfe ist stinkend langweilig und repetitiv, wenn es nicht gerade vom Erkunden eines nostalgischen Ortes getragen wird. Und oft wird es das nicht, denn Sequenzen, die im Original ein oder zwei Bildschirme lang waren, sind jetzt nicht enden wollende, sich visuell und im Gameplay wiederholende Korridore der Monotonie und spielerischen Dummheit.
  • Die Dialoge sind wie erwartet cringey, aber geschenkt – das war bei der Vorlage zu erwarten gewesen. Der Anime-Stil der Animationen passt aber nicht zur realistischen Grafik und führt dazu, dass ich eigentlich keinem der Charaktere auch nur irgendeine ihrer Emotionen abnehme.
  • Die Charakterisierung und Darstellung der weiblichen Charaktere. Fast durch die Bank rückständig. Vielleicht ist das normal in dem Genre, aber es ändert ja nichts, es hinterlässt einen faden Beigeschmack.
  • Die Story und „Botschaft“ des Spiels wurde verwässert und „schön geschrieben“. Shinra „hilft nach“ bei den Reaktor-Attentaten. Die Bewohner unter der Platte werden gewarnt und größtenteils gerettet. Biggs und Wedge überleben (dabei overstayen die auch so schon ihr welcome, sorry). Erinnert ihr euch an die Blutspur in die Shinra-Führungsetage, die es im Original gab?
    Das ist jetzt alles eher schlechte Fanfiction als wohlbedachte Neuerzählung des Originals.

Nee, dieses „Remake“ wurde aus meiner Sicht mit Karacho in den Sand gesetzt, und mein Interesse an den zukünftigen Teilen der Reihe ist nun eher im negativen Bereich anzusiedeln. Sehr schade.

Angesichts der sehr positiven Rezeption des Remakes in der Spielewelt muss ich mich aber auch fragen: Mag ich einfach keine modernen JRPGs? Ist FF7R eigentlich irgendwie gut? Ich weigere mich aber schon ein bisschen, Kritikpunkte wie die da oben als normalen Bestandteil oder Begleiterscheinung des Genres anzusehen.

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