Westküste USA – Drei Wochen, Ende August Anfang September 2022
Wie gewünscht versuche ich mich mal an einem kleinen (und am Ende dann doch viel länger als geplant gewordenen) Reisebericht unserer Tour entlang der USA-Westküste.
Als meine besten FreundInnen (verheiratetes Paar) mich gefragt haben, ob ich bei einer Tour entlang der Westküste dabei bin musste ich natürlich nicht lange nachdenken. Noch einen weiteren Kumpel gefragt und so stand Ende 2021 fest, dass wir diesen Trip zu viert durchziehen werden.
Dass die Frau des besagten Paares Familie verstreut in den USA hat wusste ich (mit einigen davon habe ich auf der Hochzeit der beiden diverse drinks gehabt) und so stand sofort fest, dass wir unsere Tour in Seattle starten und einem Teil der Familie einen kurzen Besuch abstatten. Was auf den ersten Blick als Familienpflicht abarbeiten klingt hat sich im Laufe der Planung als wahrer Glücksfall rausgestellt. Nachdem sich unsere Plänen bei den Leuten in den USA rumgesprochen haben, meldeten sich immer mehr entferntere Familienmitglieder entlang unserer Route mit Einladungen was dazu geführt hat, dass wir in allen Städten außer Vegas eine feste Unterkunft hatten und sogar der Camper wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt
Seattle
Als die genauen Zeiten unserer USA Tour feststanden habe ich natürlich sofort alle möglichen Möglichkeiten ausgelotet, irgendwo live Sport schauen zu können, egal ob College oder Profiligen. Wir haben in der Beziehung aber wirklich alles so schlecht getimed, dass während unseres jeweiligen Aufenthalts absolut nichts an Sport ausgetragen wurden. Einzig Baseball in Seattle blieb als Möglichkeit, irgendwas live im Stadion zu sehen. Baseball ist in meiner Reisegruppe nicht gerade auf viel Gegenliebe gestoßen, sodass wir uns in Seattle aufgeteilt haben (zumindest ein Kumpel ist dann doch mit zum Baseball gekommen). In Anbetracht der historischen Saison die die Mariners gespielt haben, war ich im Nachhinein aber noch glücklicher, dass zumindest das geklappt hat. Wer muss schon auf die Space Needle rauf
Den Mariners Sieg mitgenommen, noch kurz das Lumen Field direkt nebenan angeguckt, ging es am nächsten Tag auch schon weiter.
National Parks – Nördlicher Teil der Westküste
Von Seattle aus sind wir erstmal eine Zeit lang an der Küste langgefahren. Zunächst sind wir zwei Nationalparks mit Campgrounds am Strand angefahren. Wir hatten dabei immer den Nachmittag der Ankunft und einen ganzen nächsten Tag, bevor es am Morgen des dritten Tages dann jeweils weiter ging.
Unsere Hoffnung, dass wir ein wenig das Meer genießen können ist leider schnell der Realität gewichen. Trotz bewölkten 12-15° haben wir uns zwar kurz ins Meer getraut, aber scheiße war das kalt. Also standen ein paar erste Wanderungen zur Entdeckung der Küste an wo wir neben unfassbar vielen Seehunden und Robben auch einen Wal sichten konnten (Was für ein Gefühl ). Im Prinzip ist das alle felsige Küstenlandschaft mit vielen Wäldern, aber das war schon unfassbar schön und ein Vorgeschmack auf das, was da noch kommen sollte.
Generell die Campgrounds in den Nationalparks sind einfach wunderbar. Wirklich günstig und meist wunderschön in der Natur gelegen. Und and jeder Parzelle sind Feuerschalen der Standard und Feuerholz für nen 5er gibt es überall zu kaufen, was jeden Abend auch von uns genutzt wurde.
Und morgens aufwachen, aus dem Camper raus ins grüne gucken und als erstes eine Rehfamilie sehen, die 2m vor uns grast macht den Tagesbeginn auch nicht gerade schlechter.
Red Woods
Weiter an der Küste entlang ging es in den Red Wood National Park zu den höchsten Bäumen der Welt. Kein Bild kann auch nur im Ansatz das gesehene einfangen oder das Gefühl beim Wandern durch den Wald beschreiben. Das ist einfach der Wahnsinn. An einem gut zugänglichen Baum haben wir ein Bild machen können, das zumindest ganz entfernt ein Gefühl für die schiere Größe gibt. Aber auch da ist der obere Teil der Bäume nichtmal mit auf dem Foto.
(Von uns vier die davor stehen sind wir beide im schwarzen Shirt übrigens an die 2m groß…)
San Francisco
Von den Redwoods ging es dann weiter zum nächsten Städtetrip nach San Francisco. Interessant war hier schon zu sehen, wie sich die Umgebung von der grünen Waldlandschaft sehr schnell in eine immer kärgere, trockene Fläche verwandelt.
Pünktlich zum labor day kamen sowohl wir als auch einer der heißesten Tage aller Zeiten in San Francisco an. Hier zwei Tage durch die Stadt zu laufen war also nicht immer angenehm.
Um den „Vibe“ der Stadt vollständig aufzusaugen müsste man deutlich länger dableiben. Aber hier und da gab es erste Eindrücke, wieso die Stadt so beliebt ist. Nachmittags haben wir uns bspw. auf Empfehlung in eine kleine Bar draußen direkt an der Straße gesetzt und das wohlverdiente Bier bei der Hitze genossen. Kurz nachdem wir uns gesetzt hatten hat eine kleine Jazz-Pop Combo (besser kann ich das echt nicht beschreiben) ihre Instrumente aufgebaut und ein kleines Konzert gespielt. Bei der Atmosphäre sind es dann auch ein paar Bier mehr geworden.
Die Hitze hatte allerdings auch einen sehr schönen Nebeneffekt für uns. Normalerweise zieht sich jeden Abend im Sommer ein Nebel über die Stadt, der dieses Mal aber ausblieb. So konnten wir noch einen wahnsinns Ausblick über die Stadt bei Nacht genießen.
Wir wurden vorher schon vorgewarnt, dass die ohnehin schon schlimme Armutssituation in der Stadt durch Corona nur noch schlimmer geworden ist. Und so konnte man wirklich kaum zwei Blocks weit laufen ohne ein paar Zelte am Straßenrand zu sehen. Ich will mir garnicht vorstellen, was hier und überall sonst in den USA während der Kältewelle vor Weihnachten los war.
Yosemite National Park
Nach zwei Tagen SF gabs nach dem Aufbruch noch einen kurzen Abstecher zum Levi’s Stadium (wenn schon nichts gespielt wird, wollte ich zumindest so noch mitnehmen, was geht) bevor es Richtung Yosemite ging, wahrscheinlich der Part auf den ich mich am meisten gefreut habe.
In den Tagen vorher hat sich immer mehr abgezeichnet, dass die Feuer im Park immer größer werden und das Valley zu größten Teilen des Tages in einer großen Rauchwolke steht. Als wir in Yosemite reingefahren sind war es auch schon ziemlich extrem, man konnte die Berge und Felsen entlang der Straße durch den Rauch kaum sehen.
An unserem ersten vollen Tag war die Nebelsituation dann aber schon bedeutend besser und wir haben uns für eine erste Wanderroute entschieden. Die eigentliche Route war gesperrt sodass wir einen (wie sich nachher rausstellte ziemlich großen) Umweg gelaufen sind, aber am Ende wurden wir mehr als belohnt dafür. An einem wunderschönen See, in den mehrere Wasserfälle mündeten, waren wir durch die gesperrte Hauptroute quasi alleine.
Als wir zurück im Camp waren ist keine 10 Minuten später ein heftiger Wind aufgezogen, der extremen Rauch mit sich gebracht hat. Wenn uns das mitten auf der Route erwischt hätte, wäre das eher weniger schön gewesen und hat erahnen lassen, welche Naturgewalten hier am Werk sind.
Am nächsten Tag lag der Rauch noch immer in der Luft, nach Empfehlung durch die Ranger (die unsere Fähigkeiten wohl leicht überschätzt haben) sind wir dennoch eine der schwersten Tagesrouten gelaufen. Mit insgesamt ca 18 km und einem Ziel das 1km höher liegt hat uns dieser Trail echt an unsere Grenzen gebracht, aber auch hier was es das Ziel mehr als Wert. In der Hauptsaison fährt da wohl auch ein Bus in einer langen Route außen rum hoch, aber das war nicht mehr der Fall sodass wir oben wieder nur zwei weitere Personen getroffen haben.
Total gesehen ist man da am Ende auf einer Höhe von mehr als 2,2km Höhe. Der Regen den man auf dem Foto sieht ist zum Glück nicht zu uns gekommen, das hätte auf dem Rückweg auch mehr als unschön werden können.
Auch bei dieser Tour konnten wir kurz vor Ende des Rückwegs noch in einen super klaren Fluss springen, was nach diesem Trail unfassbar gut tat.
Am dritten und letzten Tag stecke uns diese Wanderung allen noch gut in den Beinen, sodass wir nur ein bisschen im Valley herumgelaufen sind.
Aber Was. Für. Ein. Schönes. Fleckchen. Erde
Auch hier werden die zwei Fotos der Schönheit natürlich nichtmal ansatzweise gerecht. Ich kann nur unterschreiben, dass jeder der die Möglichkeit hat, das mal gesehen haben sollte.
Lake Diaz Camp Ground
Wie von Fry vorgeschlagen sind wir über die Tioga Road (auch wahnsinnig schön ) zum Lake Diaz Camp Ground gefahren. Fotos dazu hatte ich ja schon gepostet. Ein Campingplatz der auf einer der Haupt Touristenrouten und so malerisch gelegen ist könnte sicherlich so viel mehr rausholen, zumindest aus kommerzieller Sicht (in ein etwas besseres Dixi Klo scheißen ist wohl nicht jedermanns Sache). Aber so konnten wir auch diese traumhafte Kulisse quasi für uns alleine genießen, was das ganze nochmal schöner gemacht hat.
Wir waren an einem Sonntag da, sodass schnell klar war, dass das unser entspannter Tag wird. Bei strahlendem Sonnenschein wurde morgens um 10 Football angemacht, das erste Bier geöffnet und der Tag genossen, was will man mehr.
Las Vegas
Am nächsten Tag gabs dann das komplette Kontrastprogramm – Las Vegas. Wirklich drauf gefreut habe ich mich nicht, aber wenn man schonmal da ist…
Schnell hat sich allerdings bestätigt, dass diese Stadt wirklich nichts für mich ist. Es ist einfach alles so überzogen und künstlich. Auch das kleine bisschen Lust mal zu zocken ist mir schnell vergangen. Alles voller blinkender Automaten, das war komplett billiger Spielotheken-Flair. Ich habe dann aber doch je eine Runde Roulette und Black Jack gespielt, 10$ gewonnen und das ganze Geld im nächsten Supermarkt für 3 Bier verprasst, Leben am Limit .
Am Ende sind wir ein bisschen durch die Stadt gelaufen, haben an jedem Supermarkt mal das Bierregal gecheckt und der weltweit größten Dispensary einen Besuch abgestattet. Vegas, hat man mal gemacht, muss ich nicht nochmal haben.
Grand Canyon
Von Vegas ging es weiter zum Grand Canyon. Und was soll ich dazu groß schreiben. Trotz fast drei Wochen input overflow war das nochmal atemberaubend und jenseits der Vorstellungskraft, wie sich das über die Jahrtausende entwickelt hat.
Erneut einfach nur wunderschön.
Phoenix
In unserer letzten Station haben wir bei sengender Hitze in den frühen Morgenstunden(nur da war es noch auszuhalten) kurz den botanische Garten besucht und Abends noch Thrusday Night Football in einer Sports Bar mitgenommen (wenn schon kein Stadion, dann sollte zumindest das noch drin sein. Ansonsten wurde in den letzten beiden Tagen am Pool unserer großzügigen Gastgeber der Urlaub entspannt ausklingen gelassen.
Es waren wirklich überragende drei Wochen in den wir zwar viel Strecke gemacht haben, dadurch aber einen (für uns) perfekten Mix aus viel sich wandelnder Natur und den Städtetrips zwischendurch bekommen haben ohne das Gefühl, dass wir nur im Auto sitzen oder das fahren überhand nimmt.
Das gesamte System der National Parks in den USA ist einfach großartig und ich bin sicher, dass es nicht das letzte Mal für mich war.
Weiter Randnotiz:
Wir waren in der Zeit vor den Midterms unterwegs. In den Gesprächen mit den Verwandten war das immer wieder Thema, ebenso die große Angst vor der „red wave“, die ja zum Glück nicht eingetreten ist. Wir sind durch viele kleinere Ortschaften gefahren, in denen jedes Haus voller „Trump won“, „Let’s Go Brandon“ und ähnliche Flaggen war, auch auf den Campingplätzen vor allem im Norden waren etliche Trucks und Camper beflaggt (Das „Highlight“ waren immer diejenigen, die Nachts ihre USA Flagge durch einen extra Strahler angeleuchtet haben). Man konnte wirklich jeden Tag spüren, wie tief gespalten dieses Land ist.