Der Politik Thread - Archiv 2020—24

Ohne zu sehr in die Analyse gehen zu wollen und können, finde ich es geil, dass Sahra Wagenknecht jetzt in der Parteikritik vorangeht und ein Umdenken fordert, als hätte sie mit dem Bumms nichts zu tun. Als Spitzenkandidatin der NRW-Linken hat sie das Ergebnis in NRW halbiert (3,7%). Außerdem haben die von ihr als „Lifestyle-Linke“ abgewerteten Wähler im urbanen Berlin mit den Direktmandaten der Partei den Arsch gerettet und die APO verhindert. Da würde ich an ihrer Stelle mal gaaanz kleine Brötchen backen. Aber das war ja noch nie ihr Stil.

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Ich glaube eher das sie überhaupt noch mit der Linken in Verbindung gebracht wird ist ein Problem. Da gab es doch in den letzten Jahren auch einige fragwürdige Äußerungen die durchaus in eine ganz andere Ecke geschoben werden könnten. Unter anderem das die Lehmann Aussage gegen Aogo(„Quotenschwarzer“) nicht so schlimm war da sie ja nicht für die Öffentlichkeit gedacht wäre. Dazu diese sinnlose Kritik an „Lifestyle-Linken“ und nervigen Minderheiten die sich nur profilieren wollen.

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Ich frage mich ständig, inwieweit die Linke überhaupt noch die Sprache derer spricht, die sie einst zu vertreten glaubte, und zwar sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinn. Da lässt sich jetzt wieder die Brücke zu Identitätspolitik/Gendern usw. schlagen: Die Grünen als Hauptvertreter des akademisch geprägten linken Milieus können solche Themen m.E. einigermaßen problemlos in ihren Reihen behandeln, weil sie bei ihren Wählern auf viel Verständnis stoßen.

Bei den Linken sehe ich das so nicht - auf mich wirkt es eher so, als würde es den arbeitslosen Handwerker in der Oberlausitz endgültig zur AfD treiben, wenn sich die Partei, die einst das Prekariat zu vertreten glaubte, in denselben intellektuellen, auf Minderheiten fokussierten Debatten verliert wie es die Grünen tun. Mir ist sehr bewusst wie ignorant das klingt, aber tun wir doch bitte nicht so als gäbe es die abgehängte, schlecht gebildete, latent fremdenfeindliche, aber deshalb noch nicht automatisch rechtsextreme Klientel nicht. Ein bedeutender Anteil dieser Leute hat mal die Linke gewählt. Jetzt aber wird diese Gruppe praktisch nur noch von der AfD bedient, nicht zuletzt durch die eindeutige Botschaft „mit uns könnt ihr so weiterdenken und weitersprechen wie ihr es immer getan habt“. Wie sehr das zieht, wird m.E. von allen anderen Parteien unterschätzt, und von den Linken am allermeisten.

Kann ja nun kein Zufall sein, dass die AfD quasi überall verliert, aber ausgerechnet von den Linken dazugewinnt:
linke_afd

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Wokeness hin oder her, sogar der Klassenkampf ist bei der Linken angestaubt. Genau wie bei den Gewerkschaften. Die haben immer noch einen Begriff von Kapital und Arbeit aus dem industriellen Zeitalter und keine Antworten und schon gar nicht erst Utopien. Weder für das neue urbane Proletariat in der Gig Economy, das im verbeulten T4 unsere Herren Socken zustellt noch für die MindestlöhnerXinXnen.

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Aber müsste nicht genau diese Lücke riesengroß sein?

Eine echte Alternative zu den etablierten Parteien. Mit meinetwegen viel Bildung, Grundeinkommen, Finanztransaktions-/Vermögenssteuer, wirklicher Umverteilung von oben nach unten und vielleicht noch Klimaschutz. Und dann den Leuten beibringen, dass trotz theoretischer Möglichkeit eben nicht jeder reich wird, auch wenn er nach den Prinzipien der freien FDP Wirtschaft lebt.

In meinen Augen ist da ein riesiges Vakuum, welches derzeit keine Partei ausfüllt. Gerade nach Corona, als der Tenor war, dass Pflege und prekäre Berufe ja doch irgendwie wichtig sind und vielleicht fair bezahlt werden sollen. Und dann legt die FDP ordentlich zu…

@Eddie
Für deine Bücherliste sei noch Daniel Suarez mit Daemon und dann dem 2.Teil Darknet empfohlen. Im ersten Buch geht es eher um Programmierung und Action.
Im zweiten Teil dann wirklich um eine neue Gesellschaftsform (energieautarke Farmen/Dörfer/Zellen, die vernetzt arbeiten und produzieren, begrenzt durch ein Social-Credit-Punktesystem und eine KI, aber frei von Geld und ziemlich zufrieden). Fand die Grundidee ganz interessant, ist aber jetzt nicht die große Gesellschaftstherorie und wird in der Praxis sicher nicht so schnell Realität.

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Zusätzlich zu euren Argumenten habe ich bei der Linken auch überhaupt keine Idee, was ihr Profil oder ihre Vision ist. Warum ist man während Corona quasi komplett von der Bildfläche verschwunden? Wieso überlässt man der FDP die Rolle der einzigen Oppositionspartei, die die hiesige Corona-Politik kritisiert, ohne dabei in den Querdenkermodus abzudriften? Und das obwohl gerade in diesen Zeiten das Thema der sozialen Gerechtigkeit so ein wichtiges gewesen wäre. Ich habe da vor allem in Bezug auf Corona eine geschlossenes Auftreten vermisst: von nocovid bis Querdenker-Schwurblern war da alles vertreten.

Zusätzlich hat die Partei eine in meinen Augen total biedere Außenwirkung und Themen, die vor allem junge Menschen ansprechen, kaum besetzt.

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So blöd es klingt (weil es eigentlich keine so große Rolle spielen sollte), ich denke neben den besprochenen inhaltlichen Themen wirkt die Linke für mich im gesamten Auftreten, von dem Logo über die Farben, der Website und den (Wahl-)Plakaten sowie auch dem Personal extrem angestaubt und wie du sagst bieder und würde von einem facelift (ähnlich der FDP vor einigen Jahren) profitieren.

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Klingt ganz und gar nicht blöd. Klar ist es irgendwo oberflächlich, aber Außendarstellung war und ist enorm wichtig im Politikbetrieb. Wenn aber der Mediengestaltungs-Azubi etwas verbrechen darf, das in Form und Farbe an die Tapete des zuletzt 1985 renovierten elterlichen Wohnzimmers erinnert, törnt das schon arg ab.

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Die sind ja wirklich komplett verschwunden die letzen Jahre in der Öffentlichkeit, so kommt es mir zumindest vor. Kann mich nicht erinnern von denen iwas gehört zu haben ausser im Zusammenhang mit RRG.

Da waren CDU , SPD, Grüne und Lindner sehr viel präsenter.

„die Opposition“ :richter:

Pff, Bausparvertrag… ok boomer

Der Linken in der nach-Gysi-Ära fehlt auch einfach charismatisches Personal. Wenn die jemanden wie AOC hätten, die die moderne Medienklaviatur rauf und runter spielen kann sähe das nicht so schlimm aus.

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Ihr erinnert ihr euch doch auch noch an diese Kolumne von Herrn Lobo, oder? :ulaugh:

https://twitter.com/RND_de/status/1442796106245627907?s=20

Noch zum guten Abschneiden der FDP bei den Erstwählern:

Irgendwie wirkt jeder Versuch einer Analyse, warum es so ist, auf mich sehr unvollständig. Da werden die Klischees bemüht. Es gibt die gymnasialen Kids, die bei FFF mitgehen, die wählen grün. Auf der anderen Seite sind da die, die vom großen Geld träumen und es vielleicht sogar teils als Erbe in Aussicht haben, die wählen FDP. Das mag für das Gymnasium (jedes zweite Kind macht ja Abi mittlerweile) hinkommen, aber mir zeigt sich ein etwas anderes Bild. Ich hatte und habe beruflich fast ausschließlich mit Jugendlichen aus der Unterschied bis höchstens zur untersten Mittelschicht zu tun. Dazu noch diejenigen, die in den meisten Fällen nicht viel mehr als einen mittleren Schulabschluss machen werden. Diese Gruppe wird bei all der Spekulation meines Erachtens viel zu häufig vergessen.

Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich kann mir gut vorstellen, dass einige meiner ehemaligen Schüler auch die FDP gewählt haben. Die Gründe dafür unterscheiden sich aber zumindest im Detail von den üblich vorgebrachten.
Ich würde auch sagen, dass grundsätzlich ein liberaler Schein bei jungen Menschen eher zieht. Dass die FDP in Wirklichkeit alles andere als liberal ist, merken die Erstwähler dann vielleicht bis 2025. Eine gewisse Sehnsucht nach einer liberalen Partei ist in Deutschland aber ohnehin verbreitet, glaube ich.
Die FDP wirkt verhältnismäßig frisch und medienaffin. Bei ihnen sitzen die Anzüge. Selbst diese Kleinigkeiten haben ihr Gewicht. Dazu dann die Medienkampagne.

Ein Punkt, der mir bisher zu kurz gekommen ist, ist die Vorstellung, selbst einmal reich sein zu können. Das hat glaube ich zugenommen. Als Punkt wurde er natürlich vorgebracht, aber er ist jetzt viel stärker, aus meiner Sicht. Die jungen Leute haben nicht mehr nur Superstars zum Vorbild, die sie nur aus dem TV kennen. Das war verhältnismäßig weit weg. Heute sehen sie Influencer, Let’s Player, Fitness Coaches auf YouTube etc. und sind gefühlt hautnah dabei, wie aus einfachen Leuten reiche Menschen werden. Montanablack hat ja bspw mal seine YouTube-Einnahmen veröffentlicht und ich vermute, dass viele sich eher vorstellen können, so etwas auch eines Tages mit etwas Glück zu erreichen als dass sie ein Robbie Williams werden.

Außerdem ist da noch das Schulsystem selbst. Da ist es aber auch nur wieder ein Gefühl. Auch wenn heute viel von soft skills, gemeinsamem Lernen, Inklusion und so erzählt wird, hat man doch (noch immer oder mehr denn je) den Eindruck, es zählt nur das Leistungsprinzip. Wer kein Macher ist und die Hausaufgaben nicht erledigt, wird am Ende nichts. Dazu passt die FDP auch ganz gut, zumindest suggerieren sie es mit ihrem Leistung muss sich lohnen. Vielleicht fühlt man sich da von einer Partei am ehesten abgeholt. Tarifverträge und Sozialsysteme, von denen andere Parteien teils schwärmen, sind für einige doch böhmische Dörfer.

Hier noch die Ergebnisse aus 2013 und 2009 bei den Erstwählern:


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Noch ein paar gute Nachrichten:

  • Klöckner tritt nicht mehr als Landeschefin in RLP an.

  • Schäuble ist seinen Posten als Bundestagspräsident los, da die Union nicht mehr stärkste Fraktion ist.

  • Mit Grünen und FDP in der Regierung dürfte die Legalisierung von Cannabis nur eine Frage von Wochen sein.

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Wenn ich vor 2025 legal in Deutschland Gras kaufen kann, schicke ich dir persönlich ein Gramm. Das wird doch niemals so fix umgesetzt.

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Hab den Lindner gestern im 420 blaze it T-Shirt beim Einkaufen gesehen. Der meinte mit der Ampel liegt spätestens Heiligabend Cannabis unter dem Weihnachtsbaum.

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Deal.

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Ich schicke euch allen ein Gramm!

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Ist jetzt wieder raus aus Afghanistan und hat über die Woche einen langen Artikel verfasst

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