Ich bin ja gerade in den Endzügen meine Referendariats an einer Sekundarschule. Die Schule ist digital hervorragend ausgestattet. Neben großen Fernsehern in jedem Raum mit AppleTV, iPads für alle Lehrkräfte und flächendeckendem WLAN werden gerade jahrgangsweise iPads an alle SchülerInnen verteilt. Wir haben jedoch auch das Glück, dass bei uns ein Lehrer mit einer halben Stelle noch beim Medienzentrum des Kreises arbeitet, also das entsprechende KnowHow was Technik, aber zB auch Datenschutz usw. angeht. Außerdem kann er vieles über den kurzen Dienstweg regeln. Ihm stehen dann noch zwei technikaffine Kollegen zur Seite, die u.a. die Einrichtung der iPads übernehmen. Für alle SchülerInnen, die zuhause noch kein Gerät haben, liegen sofort verfügbare iPads abholbereit.
Viel bessere Bedingungen wird man in Deutschland wohl nicht mehr finden. Und trotzdem läuft es einfach nicht. Dafür sind 3 Gründe auszumachen:
1.: Die technische Infrastruktur. Der Cloud-Anbieter der Schule ist einfach maßlos überlastet gewesen, sodass de facto nicht auf die hochgeladenen Arbeitsmaterialien zugegriffen werden konnte. Außerdem kommt das WLAN der Schule an seine Grenzen, wenn 50+ Lehrkräfte gleichzeitig eine Videokonferenz starten.
2.: Die Greifbarkeit mancher Kinder. Pro Klasse gibt es immer 2-4 Kinder, die komplett abtauchen. Eltern reagieren weder auf Anrufe, noch auf Mails oder sonstige Kontaktversuche. Leider sind das halt meistens genau die Kinder, die sowieso schon wenig Unterstützung von zuhause erhalten - die werden schlichtweg noch mehr abgehängt.
3.: Das Modell des „Hybridunterrichts“, wie es in NRW vor den Ferien - und wohl auch ab Montag - praktiziert wurde. Bis zur 7. Klasse konnten die Kinder in die Schule kommen. Bei uns sah das pro Klasse 3-10 Kinder physisch da waren, der Rest war per Videoschalte zugeschaltet. Das war eine absolute Vollkatastrophe, da man alles nur halbherzig machen konnte.
Also auch an einer gut ausgestatteten Schule gibt es da riesige Probleme. Und ich will nicht wissen, wie es zB in einer Brennpunktschule mit schlechter technischer Ausstattung im Ruhrgebiet aussieht…
Das beste wäre wohl wirklich Unterricht mit halben Klassen, die dann tage- oder wochenweise wechseln. So könnte man wohl zumindest halbwegs mit dem Stoff voran kommen. Aber aus irgendwelchem Gründen sträubt sich die Politik dagegen.
Und ich darf unter diesen Bedingungen übrigens Anfang Februar meine Prüfung ablegen 